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Sport: Wie ein Panzer mit zwei Zöpfen

Mama Kournikowa mag keine Interviews und sorgt sich um die Identität ihrer TochterVON ERNST PODESWA BERLIN.Wenn Anna Kournikowa die Konsequenz ihrer Mutter Alla geerbt hat, dann darf sich die Gegnerschaft im Proficircuit auf einiges gefaßt machen.

Mama Kournikowa mag keine Interviews und sorgt sich um die Identität ihrer TochterVON ERNST PODESWA BERLIN.Wenn Anna Kournikowa die Konsequenz ihrer Mutter Alla geerbt hat, dann darf sich die Gegnerschaft im Proficircuit auf einiges gefaßt machen.Denn Alla (34) ließ vom IMG-Manager Tony Godsick vermittelte Interviewwünsche wie an einem T 34, dem legendären russischen Panzer, abprallen."Nein, sie mag keine Interviews oder PR-Aktionen, möchte lieber im Hintergrund bleiben.Sie sieht ihre Aufgabe darin, sich einzig um das Wohlbefinden Annas zu kümmern", erklärte Godsick.Bedauern in Tonfall und Miene waren unverkennbar.Es dürfte aber für die Mutter sprechen, die sich, blond wie der 15jährige Shooting-Star, im Gegensatz zur einzopfigen Anna mit zwei Zöpfchen im Stadiongelände präsentiert. Daß die Mutter, einst Leichtathletin, die Zügel derzeit noch fest in der Hand hält, deutete die Pressekonferenz an: Da erklärte Anna, nein sie reise nicht nach Paris weiter, sondern fliege erst nach Moskau, um dort ihren Schulabschluß voranzutreiben.Dabei lebt und trainiert Anna schon fünf Jahre vor allem in Bradenton/Florida und besuchte dort eine englischsprachige Privatschule."Die Mutter hat sie nach Moskau zurückgeholt, weil Anna die US-amerikanische Mentalität angenommen und fast ihre Wurzeln vergessen hatte", war zu erfahren. Daß eine der talentiertesten Tennisspielerinnen der Welt bereits heute mehr und mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerät, hängt mit dem welthistorischen Fall des "Eisernen Vorhangs" zusammen.Und damit, daß der Tennisbranchenführer IMG aus dem Imperium des US-Sportmarketing-Riesen McCormack in 26 Ländern ständig nach Begabungen späht.Vor sechs Jahren gab es am Rande des Kremlin-Cups an der Moskwa auch so ein Talenteturnier.Da stach IMG-Agent Paul Theouphanis die seinerzeit neunjährige Kournikowa ins Auge.Anna kam mit elf Jahren dank Perestroika ohne Probleme aus Rußland zum IMG-Partner Nick Bollettieri und wurde vom Trainerguru persönlich begutachtet und für entwicklungswürdig befunden."Und wenn die Familie dann einverstanden ist, werden die Mädchen und Jungen dann an Bollettieris Academy schulisch und sportlich auf ihre Karriere vorbereitet", sagt Godsick.Neben der jungen Russin betreut der 27jährige Manager auch Monica Seles, Lindsay Davenport und den gebürtigen Hamburger Thommy Haas. Beide, Haas wie Kournikowa, gelten bei Bollettieri als "Rohdiamanten" und werden vorwiegend direkt vom Boß betreut.Das Duo dokumentiert mit seinem variablen Spiel einen offensichtlichen Sinneswandel bei Bollettieri, dessen Kritiker ihm lange den Drill auf eine eindimensionale und vorrangig auf schnellen Erfolg ausgerichete Spielweise vorwarfen.Da sei schon was dran, meint Godsick: "Nick hat mit ihnen in Ruhe so gearbeitet, daß sie technisch und taktisch ein komplettes Rüstzeug besitzen.Sie haben sozusagen Waffen sportlicher Art, um auf allen Belägen ihr Spiel durchsetzen können." Und wie versucht IMG, die aufstrebenden Stars vor Abstürzen - siehe Jennifer Capriati - zu bewahren? Godsick: "Wir wollen unseren Klienten in Training und Wettkampf alle Bedingungen bieten, damit sie ihr Talent entfalten und den Weg nach oben finden.Und wir sind bemüht, alles zu tun, daß sie außerhalb des Courts ein ganz normales Leben führen können." Deswegen hat das Management aus den Anna Kournikowa vorliegenden zahlreichen Werbe- und Sponsorverträgen nur zwei akzeptiert - Sportkleidung von "adidas" und das Racket von "Yonex".Mehr hätte zwar allen weit mehr Geld eingetragen - aber auch mehr Verpflichtungen für Anna.Deren Vater Sergej (36), ein "Meister des Sports" im Ringen, ist Dozent an der Sporthochschule Moskau und nicht ständig wie Mutter/Tochter auf Reisen.Denken sie - wie seinerzeit die aus Serbien stammende Familie Seles - an eine Übersiedlung in die Staaten? "Zur Zeit kein Thema", sagt der Vater.Aber es klang mehr wie "budjet" - es wird.

ERNST PODESWA

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