zum Hauptinhalt
Der Guardiola seiner Generation. Die Säulen der Bayern-Mannschaft kommen langsam in die Jahre – auch Bastian Schweinsteiger (l.).

© Reuters

Wie geht es weiter beim FC Bayern München: Das Wappen ist größer als Pep Guardiola

Der FC Bayern München muss den anstehenden Umbau der Mannschaft unabhängig von Pep Guardiola planen. Denn während der Trainer kurzfristig Erfolg haben will, muss der Klub langfristig denken.

Spitzenvereine müssen sich bei ihrer Spielerauswahl unabhängig machen von den Wünschen der sportlich Verantwortlichen. Das gilt nach dem Aus in der Champions League auch für den FC Bayern München. Denn bei jenen Klubs, die fast jedes Jahr zu den besten vier oder acht Mannschaften in der Champions League gehören, ist die Verweildauer des Trainers in der Regel sehr viel kürzer, als eine ganze Spielergeneration eine Mannschaft im Idealfall prägt. Alex Ferguson war bei Manchester United vielleicht die letzte große Ausnahme, weil Arsenal London mit dem anderen Trainer-Urgestein Arsene Wenger nicht in die Riege der Top-Klubs gehört.

Es geht für die Bayern darum, irgendwann nach Pep Guardiola einen Trainer zu holen, der zur Philosophie des Vereins passt, der das Ballbesitz-System nicht im großen Stil ändert, sondern in Nuancen weiterentwickelt. So wie Luis Enrique bei Barcelona. Dann findet auch der neue Trainer an jenen Spielertypen Gefallen, die sein Vorgänger mit ausgesucht hat. Jahrelang waren die Münchner Verantwortlichen sowohl bei Spielerverpflichtungen als auch bei der Trainersuche keinem System gefolgt. Erst mit Louis van Gaal begann sich das zu ändern. Seitdem ist eine Handschrift zu erkennen.

"Eine große Mannschaft muss so scheitern wie wir", sagte Guardiola

Noch aber ist Guardiola in München und wird es wohl auch noch mindestens eine weitere Saison bleiben. Nach dem Schlusspfiff am Dienstag sah es in der Münchner Arena kurz so aus, als ob hier niemand Grund hätte, betrübt zu sein. Für Guardiola gab es an jenem Abend ohnehin nur Gewinner. Das mag auch daran gelegen haben, dass der Trainer des FC Bayern sich noch immer auch für den FC Barcelona zuständig fühlt. Und irgendwie hatte er ja auch recht, denn die Münchner hatten mit dem 3:2-Sieg gegen die Katalanen am Dienstag zwar nicht das Finale der Champions League am 6. Juni in Berlin erreicht, aber immerhin verhindert, dass über sie der Stab gebrochen wird. „Eine große Mannschaft muss so scheitern wie wir gegen Barcelona und Dortmund“, findet der Trainer.

So wie der FC Bayern das schier aussichtslose Unterfangen im Halbfinale gegen Barcelona in München angegangen ist, vom Anpfiff und auch nach den beiden Gegentreffern von Neymar, das sagt viel darüber aus, wie es um die Moral der Mannschaft bestellt ist. Und es zeigt, dass Guardiola entgegen ein paar Unkenrufern in den vergangenen Wochen seine Spieler doch noch erreicht. „Da gibt es Mannschaften, die sich aufgeben. Wir haben aber weiter gekämpft und nach vorne gespielt“, stellte Sebastian Rode fest. Dass diese Mannschaft noch immer den Siegeswillen verspürt, der Hunger noch nicht gestillt ist, dürfte für die Verantwortlichen und für Guardiola eine der wichtigsten Erkenntnisse des Abends gewesen sein.

Der FC Bayern muss über die Amtszeit von Pep Guardiola hinaus denken

Sie wird einfließen in die Diskussionen, die in den nächsten Wochen stattfinden. Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Umbau der Mannschaft forciert werden muss, es stellt sich nur die Frage, wie das passiert. Guardiola will in der kommenden Saison einen neuen Triple-Anlauf nehmen. Der Katalane braucht den kurzfristigen Erfolg, der Verein muss langfristig, über die Ära Guardiola hinaus denken. Sportvorstand Matthias Sammer sieht dies nicht als schwierigen Spagat. „Der FC Bayern hat noch nie nach einer Trainer-Wunschliste eingekauft“, ließ er wissen. „Das Wappen zählt mehr als der Einzelne.“

Der FC Bayern ist gewachsen mit den Erfolgen in den vergangenen Jahren. Die Probleme, die sich nun beim Umbau der Mannschaft ergeben, sind den Verantwortlichen bewusst. Es ist eine große Herausforderung, zum ersten Mal nach 2007, als die Bayern ihre Personalpolitik änderten und auch das Festgeldkonto für einen Spieler plünderten, wieder einen Generationswechsel einzuleiten.

Die Baustellen wurden vor allem in den vergangenen Wochen, als einige Stammspieler ausfielen, deutlich: Abwehr, Außenposition, Mittelfeld-Zentrale. Guardiola darf seine Vorstellungen kundtun, und bei der Beurteilung von Spielern mit Perspektive auf den Rat des Katalanen zu hören, ist sicher nicht die schlechteste Idee. Aber auf einen Satz in der Öffentlichkeit wie den vor zwei Jahren, als Guardiola mit „Thiago oder nix“ die Verpflichtung seines Landsmanns forderte, werden die Bayern kaum mehr reagieren.

Zur Startseite