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Sport: Wieder verfahren

Die britischen Formel-1-Fans hoffen auf Jenson Button – doch der hat Probleme abseits der Strecke

Jenson Buttons Selbstvertrauen hat nicht gelitten. Mit „gleichem Material“ sieht er sich noch immer dazu in der Lage, jeden anderen seiner Formel-1-Kollegen zu besiegen – einschließlich Weltmeister Michael Schumacher. „Es gibt niemanden, von dem ich sagen würde: Hey, der ist besser als ich“, befindet Button. „Im Gegenteil: Ich denke zu 100 Prozent, dass die anderen Fahrer nicht so gut sind wie ich.“ Bei seinem Heim-Rennen in Silverstone findet der Engländer stets dankbare Abnehmer für solche Kommentare, in diesem Jahr umso mehr. Nach den Terroranschlägen in London suchen die Briten einen wie Button, um ihre Hoffnung in ihn zu projizieren. 100 000 Menschen werden am Sonntag (14 Uhr/live bei RTL und Premiere) in Silverstone sein; die meisten werden Jenson Button anfeuern.

Gerechtfertigt hat der 25-Jährige die Hoffnung und die Unterstützung seiner Landsleute in diesem Jahr bislang noch nicht: Nach dem dritten Platz in der vergangenen Saison liegt Button in der WM nur auf Rang 17. Erst gestern hat er seinen Worten endlich auch Taten folgen lassen: Im Qualifying zum Grand Prix von Großbritannien fuhr der BAR-Honda-Pilot auf Rang zwei und wird heute neben dem WM-Führenden Fernando Alonso in der ersten Startreihe stehen.

Solche Erfolgserlebnisse braucht die britische Sportgemeinde jetzt, aber Jenson Button braucht sie eigentlich noch dringender. Abseits der Strecke hat er sich nämlich einmal mehr völlig verfahren. Vergangenes Jahr hatte er genau hier in Silverstone BAR-Honda die Treue geschworen – nur um dann drei Wochen später zu verkünden, er ginge zu BMW-Williams. Es folgte ein Rechtsstreit, an dessen Ende sein bisheriger Rennstall die Erfüllung des Vertrages verlangen durfte; Button musste sich auch in dieser Saison in den BAR setzen.

Ein Jahr später befindet sich Jenson Button in einer ähnlichen Situation. Aufgrund einer offiziell nicht bestätigten Klausel in seinem Vertrag muss er in der nächsten Saison zu Williams wechseln, weil BAR es bis Ende August nicht mehr schaffen wird, 75 Prozent der Punkte des in der WM führenden Teams einzufahren. Damit wollte sich Button eine Ausstiegsmöglichkeit vorbehalten, falls sein Rennstall wie erwartet den Erfolg der Saison 2004 nicht würde wiederholen können. „Er fällt uns quasi in den Schoß“, sagt Teamchef Frank Williams in freudiger Erwartung.

Angesichts der derzeitigen Leistungsstärke der Williams (die beiden Piloten Webber und Heidfeld gehen von den Plätzen 11 und 14 ins heutige Rennen) wird Button diesen Fall am liebsten vermeiden wollen. Zudem hat Williams nach der Trennung von BMW noch immer keinen Motorenlieferanten für 2006. „Ich brauche in den nächsten Jahren ein Auto, mit dem ich Weltmeister werden kann“, sagt Button. „Wenn ich die falsche Entscheidung treffe, kann das das Ende meiner Karriere bedeuten. Oft bekommt man nur eine Chance, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.“

Aber wo ist dieser Ort? Nach dem Abgang von Teamchef David Richards, mit dem er nie besonders gut zurecht kam, fühlt sich Button bei BAR eigentlich wieder sehr wohl. Und auch wenn die Ergebnisse bis jetzt bei weitem noch nicht an die der Saison 2004 anknüpfen können, vertraut er auf die Stärke der Mannschaft: „Es ist ein großartiges Team, wir haben zusammen viel erreicht – und ich denke, das wird auch in der Zukunft so sein.“ Ein solch klares Bekenntniss zu einer langfristigen Bindung hat Button in der Vergangenheit bewusst vermieden – und nach kurzer Bedenkzeit relativiert er es auch wieder: „Ich habe das neutral auf das Team bezogen – ob mit oder ohne mich.“

Dass Button selbst die Konsequenzen der juristischen Klauseln und Formulierungen in seinen Verträgen nicht immer überblickt, ist nicht sonderlich überraschend. Er ist ein junger Mann aus einfachen Verhältnissen – nett, umgänglich, durchaus sympathisch und auch ein sehr guter Rennfahrer, aber außerhalb des Autos nicht unbedingt der cleverste unter den Piloten. Auch Formel-1-Chef Bernie Ecclestone glaubt, dass Button einmal mehr ein Opfer seiner Naivität wird: „Ich würde mein Geld darauf setzen, dass Jenson nächstes Jahr Williams fährt, weil er aus dem Vertrag nicht mehr heraus kommt.“ Buttons derzeitiger Chef Nick Fry vertraut allerdings noch auf die alte Formel-1-Weisheit, dass man einen Fahrer letztlich nicht erfolgreich in ein Auto zwingen könne, in das er nicht wolle. Das Problem ist nur, dass sein Rennstall in dieser Saison bereits das Gegenteil bewiesen hat.

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