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Sport: Wildes Spiel und wilde Frisur

Das Talent Neymar ist Brasiliens WM-Hoffnung

Berlin - Ungerechtigkeit lässt sich überall finden, im Fußball tritt sie oft in Form von Gegenspielern auf. Die wollen mit aller Macht und unbotmäßigen Mitteln verhindern, dass man zum Erfolg kommt. Geht es nach der Häufigkeit seiner Bodenkontakte, ist der Brasilianer Neymar besonders oft davon betroffen. Nach seiner Wahrnehmung werden seine Übersteiger und zahlreichen anderen Finten ständig mit Fouls unterbunden. Neymar beschwert sich dann, vor allem leidet er, gut sichtbar. Oft dribbelt er so flink und schnell, dass nicht einmal Gegner und Schiedsrichter wissen, ob der 19-Jährige nun regelwidrig gestoppt wurde oder ob der aktuell als weltgrößtes Fußballtalent gehandelte Neymar es nur als Beleidigung empfunden hat, dass er bei seiner Show gestört wurde. Mit seiner Irokesen-Frisur, seinen provozierend wirkenden Dribblings und seinem oft unkontrollierten Auftreten ist er prädestiniert dafür, dass sich die Zuschauer im Stadion und am Bildschirm über ihn aufregen, oft wird ihm zudem zu viel Eigensinn vorgeworfen. „Ich werde weiterspielen wie bisher“, sagte er nach dem Training vor dem Länderspiel gegen Deutschland; seine Stutzen hatte er dabei über die Knie gezogen, so dass sie zusammen mit seiner Radlerhose wie eine Strumpfhose wirkten.

Bei aller Show besitzt Neymar eine außergewöhnliche Qualität; in bisher neun Länderspielen schoss er fünf Tore. Das Bemerkenswerteste an seinem Spiel ist vielleicht die Zielstrebigkeit beim Torschuss. Natürlich gilt er wie so viele Talente vor ihm als der neue Pelé. „Er kann ohne Zweifel ein großartiger Spieler wie Messi oder Ronaldo werden“, sagt der 70-Jährige Pelé über Neymar. „Aber ich denke, es wäre im Moment etwas kompliziert für ihn, zu einem Verein in England oder Italien zu wechseln.“ Das Spiel dort sei zu physisch. Nur wer schadenfroh und gemein ist, möchte sehen, wie Neymar von rustikalen europäischen Verteidigern umgesäbelt wird.

Verpflichten wollen ihn viele Spitzenklubs. In den vergangenen Tagen war zu hören, dass Real Madrid mit seinem Werben erfolgreich war. Neymar, der den Wechsel selbst dementierte, wird demnach spätestens im Winter in den weniger körperbetonten spanischen Fußball wechseln. Der Deutsche Fußball-Bund bekam kurz vor dem Länderspiel etliche Anfragen spanischer Journalisten. Der FC Santos, für den Neymar bereits seit acht Jahren spielt, will ihn am liebsten gar nicht abgeben. Jetzt wird er immerhin teuer. „Die Zeiten sind vorbei, in denen die Europäer glauben, dass ihnen die Welt gehört“, sagt Luis Alvaro Ribeiro, Präsident des FC Santos. Neymar kostet 45 Millionen Euro festgeschriebene Ablösesumme. Bei Real steht auch noch der einstige Weltfußballer Kaká unter Vertrag, für ihn hat der AC Mailand 2003 acht Millionen Euro an Sao Paulo überwiesen.

In Brasilien gibt es inzwischen eine Menge Finanziers, dank derer viel Geld in den Fußball fließt. In der brasilianischen Liga bereits etablierte Spieler wie der 21-Jährige Ganso, der auch beim FC Santos spielt, sind für viele europäische Klubs nicht mehr erschwinglich. Ganso zählt wie Neymar zu der Generation, mit der Brasilien die Weltmeisterschaft 2014 im eigenen Land gewinnen will. „Ich hoffe, dass wir bis 2014 genug gelernt haben werden, um Brasilien zum Titelgewinn zu führen“, sagt Neymar.

Die Mannschaft dafür baut Nationaltrainer Mano Menezes gerade auf. Als er nach dem Ausscheiden im Viertelfinale der WM 2010 das Amt übernahm, kündigte er an, vermehrt auf junge Spieler aus der heimischen Liga zu setzen. Menezes sucht den Kompromiss zwischen stabiler Grundordnung und begeisterndem Offensivfußball. Bei der Copa America schied Brasilien im Viertelfinale gegen Paraguay aus. Das Spiel hätte Brasilien 5:0 gewinnen können, vergab im Elfmeterschießen aber vier Mal. Neymar und Ganso waren nicht unter den Schützen.

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