zum Hauptinhalt
In Jena gibt's mal wieder was zu feiern.

© dpa

Willmanns Kolumne: Pokalfinale ist überall

Deutschland im Pokalfieber - und schon hat das Leben wieder einen Sinn - zumindest in Thüringen, wo unser Kolumnist dem ewigen Duell zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und FC Rot-Weiß Erfurt beiwohnte.

Lothar Kurbjuweit, immerwährender Held der Jenaer Vereinsgeschichte, konnte sich im Nachgang den überlegenen Sieg im Endspiel um den Thüringenpokal gegen den zeitlosen Rivalen aus dem Reich des Bösen nicht erklären.

In der verwichenen Saison hatten Jenas Mannschaft einem schrecklichen Spiel sogleich das nächste folgen lassen. Wieder einmal wurden während der Saison zwei Trainer aus dem Bummelzug ins Paradies geschubst. Zuletzt musste Kurbjuweit erneut als Nothelfer eingreifen, da sich im ganzen Land kein Trainer mehr einfand, der den FC Carl Zeiss trainieren wollte.

Das Spiel gegen die Blumenstädter verlief recht Retro. Langeweile nach der ersten Halbzeit. Nach dem 2:0 sehnte ich mich schon wieder ein bisschen nach einem 0:1. Wenigstens nach einem 0:0. Wieso lagen wir nicht im Rückstand, um dann sieben zu eins zu gewinnen? 5:0. Das ist doch eintönig. Endlich wieder arrogant, ich fühl mich plötzlich fünf Zentimeter größer. Zu DDR-Zeiten wurden die Thüringer Möchtegerns beständig mit einer zünftigen Packung zurück an den fabelhaften Vieselbach geschickt. Der Vieselbach, ein trübes Rinnsal, durch das fieberfeuchte Erfurter Vieseltal blubbernd, gespeist von den Tränen der fiesen Rotstrümpfe.

Zugegeben, die wunderschöne, Flutlichtmasten verschlingende Saale ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Doch Paradies bleibt Paradies. Das können uns keine Kampfkaninchen kaputt machen. Die blaugelbweiße Meute schunkelte und munkelte mit sich selbst. Traurige Spielerkarikaturen im schönsten Dress der Welt zeigten wenigstens einmal, wie attraktiver Fußball aussehen kann. Warum es dazu kam, wusste keiner so recht. Zuallerletzt die streng kontemplativen Spieler. Ein Sieg im Derby schließt viele Wunden und ließ auch mich vergessen. Innere Befriedigung. Wohliges Vergessen. Doch alle Lust will Unauflöslichkeit. Der Kampf wird uns bald wieder aufgenötigt werden. Auch wenn sich die Schicksalsgöttin für das Gute entschieden hat, ihre Entscheidung ist nicht von Dauer.

1. FC Magdeburg - das traurige Vorbild des FC Carl Zeiss Jena

Schlaf und Traum haben sicherlich etwas mit dem Zustande vor unserer Geburt gemein. In ebendiesen Zustand wünschten sich die Spieler in den rotweißen, prall gefüllten Verliererwindeln zurück. Die Gegenwart ist aller Ewigkeit Anfang. Das mag uns Hoffnung geben, die nächste Runde Regionalligaknast zu überleben. Denken wir an Papillon, Flucht von Alcatraz und Brubaker. Die haben das auch geschafft, nach Jahrzehnten der unsachlichen Inhaftierung. Der 1. FC Magdeburg. Auch so eine traurige Orgelpfeife wie wir.

Am Tag des Jenenser Triumphes im Thüringenpokal gelang dem FCM der gleiche Spaß im Sachsen-Anhaltpokal. Die Dominanz der Farben blau und weiß gegenüber dem rotweiß setzte sich in Halle fort. Drittligist Halle wurde im eigenen Stadion von Viertligist Magdeburg gedemütigt. Neuer Gesangsstoff für die Zeremonienmeister in den Fankurven. Scherz, Listigkeit und Unerbittlichkeit. Wenn wir uns schon im wirklichen Leben trauen, den Mund aufzumachen, wollen wir das wenigstens im Stadion tun. Im Stadion trifft der FCC in der neuen Saison den BFC. Der hat eben einen unserer teuren Ladenhüter unter Vertrag genommen. Er heißt Shala. Stationiert vor Jena unter anderem in Halle. Dort überzeugte er nicht. Ein Wandervogel mit der Gabe zur Hitzköpfigkeit. In Jena kam er nie richtig an. Von seiner Art kickten einige beim FCC. Wahrscheinlich bekommt man in Liga drei nichts Besseres serviert.

Der Geist von Uli Hoeneß war auch beim DFB-Pokalfinale anwesend

Auch im Endspiel um den DFB-Pokal traf Hase auf Fuchs. Auf dem Platz. Und wenige Wimpernschläge neben dem Platz! Fußballphilosophen, Schwarzmaler und hoffnungsfrohe schwarzgelbe Ruhrgebietler sahen im Vorfeld Pep Guardiola ab 22 Uhr bereits arbeitslos. Der Teufel hat die Pokalendspiele gemacht. Ausgerechnet die bizarren Giganten aus dem Bayernlande gegen die rechtschaffenen Freaks aus dem Ruhrpott. Zugegeben, ich würde mich gern an dieser Stelle über Uli Hoeneß lustig machen. Uli hatte sich leider in Luft aufgelöst. Mein tiefwurzelndes Bedürfnis, Uli's Face auf der Mattscheibe zu sehen, blieb unerfüllt. Der Geist von Uli war irgendwie trotzdem da. Atomisiert, gesprengt, neu zusammengebastelt. Als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Rolle des traurigen Clowns übernahm: Steffen Simon. Die des drallen Zeremonienmeisters: Kalle "die Uhr" Rummenigge. Die des bösen Wolfs: Matthias Sammer.

Fürchtegott Sammer beim Bemühen zu beobachten, etwas wie ein Lachen oder Lächeln in sein hageres Wachsfigurenantlitz zu stanzen, hatte allerhöchsten Unterhaltungswert. Und das nicht gegebene Tor. Ich bitte euch! Pep fehlte die halbe Mannschaft. Ribéry ein armseliger Schatten. Lahm am Ende seiner Kräfte. Neuer spielte nur mit einer Schulter. Dortmund kann schnellen Sturmzauber. Trotzdem blieb der Blitzkrieg aus. Taktieren, hinhalten, ins Leere laufen. Genau das ließ Klopp über die Woche seine Meute studieren. Das ging in die Hose. Hasenfuß Klopp fand am Samstag seinen Fuchs. Bauchoben, die Zunge blau. Dann plötzlich zuschnappend. Wie es sich für ein zünftiges, bayerisches Lustgreiserl gehört.

Zur Startseite