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Charly und Dolf präsentieren den GBB auf einem grünen Samtkissen.

© Frank Willmann

Willmanns Kolumne: Wie Helmut Rahn nach Lebus kam

Unser Kolumnist Frank Willmann war am Wochenende in Lebus unterwegs - beim Unterwasserfußball. Und wie fast alles in Lebus, sind die Untersuchungen zum Unterwasserfußball eng mit dem GBB verknüpft.

In Lebus war am Wochenende wieder der Teufel los. Lag es an der Sumpfschwüle? Jedenfalls hat der unendliche Kalender der Zivilisation eine neue Seite. Charly und Dolf, die beiden smarten Biber-und Waschbärenspezialisten. Sie leben hinter den siebenundneunzig Berliner Bergen. Unter siebenhundertsiebenundsiebzig Bibern, Sumpfschildkröten, Elchen, Waschbären, Marderhunden. Die guten Taten der zwei sind natürlich eng mit dem Fußball verknüpft. Ihre Der-Ball-ist-rund-Forschungen sind es wert, verfolgt zu werden. Ich nehme daran teil, gleichgültig welches Urteil, oder welche harte Realität aus ihnen am Ende hervor geht. Sie sind ein Fanal für alle Generationen, die diese Welt erben. Oder das, was wir von ihr übrig lassen.

Ich versuche es euch zu erklären. Es wird schwierig werden… Angeln kann wie Fußball sein. Aber Fußball ist nicht immer wie Angeln. Fußballer erkennen sich unter Wasser. Sie schillern in den Farben des Regenbogens. Fragen sie einfach die Fische der Oder. Auch Trainer verlieben sich in Spieler. Unter Wasser fällt noch seltener als im Stadion des Hamburger SV ein Tor. Manche zynischen, paranoiden Stänkerer haben im feuchten Nass keine Ausdauer. Es ist quasi unter Wasser wie über Wasser. Das bedeutet aber nicht, Unterwasserfußball ist wie Oberwasserfußball.

Den Spielbeginn erfasst Dolf an den oval platzenden Blasen. Nun heißt es flink sein. Wenn ein Tor unter Wasser fällt, hüpfen die Quappen im Quadrat. Der Schiedsrichter gehört der seltenen Spezies der Kängurufische an. Besonders im Flachwasserbereich kommt es häufig zu Krawallen. Ab der ersten Minute beginnen die Fische zu rempeln. Wo sich der listige Onkel Hecht und der störrische Gevatter Stör aufhalten, sind die Verluste bisweilen enorm. Eisenfüße, Eisenbärte, Eisenschwimmblasen. Da zieht man sich doch lieber zurück. In solchen Schreckensmomenten kann nur noch der Achim helfen. Achim der Urlebuser. Der als einziger weiß, wie man den Stöpsel zieht. Der Stöpsel selbst ist, wie die Alten schon weissagten, der Goldene Ball von Bern! Er sitzt wie ein Pfropfen auf dem Abfluss der Oder. Weil Charly und Dolf mit Achim dem Urlebuser auf du und du stehen, kamen sie mit diesem mythischen Wissen in Berührung.

Wie fast alles in Lebus, sind die Unterwasserfußballuntersuchungen eng mit dem GBB (Goldenen Ball von Bern) verknüpft. Nach neusten Erkenntnissen befindet sich der GBB vielleicht im Mückenbusch. Deshalb haben Charly und Dolf sich das ehemalige Ferienlager gekauft. Ihr Imperium erweitert. Ein Steinhaus, mehrere Bungalows. Schlappe dreizehn Euro die Nacht. Ideal für lärmintensive Ausflüge. Jeder kann sich für wenig Geld einmieten. Und den Regler durchgängig nach oben ziehen. Gleich hinterm Mückenbusch beginnt das Oderbruch.

Nur wer reinen Gewissens und Herzens ist, kann den Goldenen Ball von Bern sehen

Für die allermeisten Menschen ist der Goldene Ball von Bern unsichtbar. Nur wer reinen Gewissens und in der Tiefe seines Herzens unschuldig ist, kann ihn überhaupt sehen. Alle anderen sehen nichts. Diese fragmentarischen Erdenwürmer halten den GBB für ein groteskes Hirngespinst.

Doch um nichts weniger als um den GBB wurde neulich im Mückenbusch gerungen. Bernie kam mit einer Abteilung Hasseröder vorbei und es begann die Anrufung des blinden Fischs. Die Weltmeister von 1990 waren fast vollzählig eingetroffen. Man bekommt sie ja sehr günstig. Einige von ihnen führen bescheidene Totentänze bei Sport1 auf. Spät in der Nacht huschen sie über die Mattscheibe. Mit blauen Stiften, die ihnen im Mund stecken. Sie stottern Aufstellungen herunter. Kaum noch Haare auf dem Giebel und den Ring durch die Nase. Klaus, Raimund, Olaf, Uwe. Noch immer keine heimlichen Hells Angels.

Wir stellten Andis Elfmeter nach. Der schnulzensüchtige Franz warf seinen berühmten Satz hin. Ein ums andere Mal. Dolf und Charly sagten: Angeln ist wie Fußball. Nur mit Fischen. Jürgen, Bodo und Hans nickten nachdenklich. Holger sagt, ihr seid ja richtige Querdenker. Jürgen schwenkte das schwarzrotgoldene Tuch. Dann tauchte er ab. Die Andreasse holten ihre Medaillen hervor. Und wir sinnierten lang. Über das Schattendasein dieser goldenen Generation. Die Birnen voller Bier. Bei Gott, das war eine echte Seifenoper. Kein Auto hupte für Rudi und Karl-Heinz. Nicht mal ein Wildschwein erging sich prustend. Charly und Dolf zeigten den Weltmeistern von 1990 den GBB. ER ruhte auf einem grünen Kissen. Die Glatzen der Weltmeister begannen zu leuchten. Wo war die Verbissenheit des Profisports geblieben?

Auf der Glatze des Kaisers landete ein blaues UFO. Dem entstieg eine Miniaturausgabe von Helmut Rahn. Die Zeit der Wunder. Charly fragte kommst du in Frieden? Das nationale Heiligtum nickte. Und sprach mit koboldhaften Humor: ich habe an euch einen Narren gefressen. Jogi trat aus dem Schatten des Mückenbuschs ins Licht. Hinter ihm Hansi. Beide in weißen Hemden. Jogi zog Luft durch die Zähne. Hansi auch. Jogi nickte. Hansi holte ein Notizbuch hervor. Jogi öffnete den obersten Knopf seines Hemdes. Hansi tat es ihm nach. Dolf flüsterte: Was unmöglich schien, das versuchte Rahn. Der Mini-Rahn lief aus dem Hintergrund zum GBB. Mit jedem Schritt wuchs er zehn Zentimeter. Er müsste schießen, sagte Charly. Rahn schoss.

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