zum Hauptinhalt
Fifa-Präsident Joseph Blatter (l.) und sein Herausforderer Prinz Ali bin Al-Hussein.

© AFP

Willmanns Kolumne: Zürich ist umstellt

Unser Kolumnist Frank Willmann stellt sich in einer Satire vor, wie Pegida reagiert haben könnte auf die Kandidatur als Fifa-Präsident von Prinz Ali bin Al-Hussein gegen Sepp Blatter.

Letztens war ich bei A. Merkel eingeladen. Illustre Runde, großes Blabla, plötzlich sagte ein Ewiggestriger, er hätte an unserem goldenen Fußball neulich Bissspuren muslimischer Reißzähne bemerkt.

Das machte mich neugierig: Was meinte er nur? In großen wie in kleinen universellen Fußballthemen bin ich eigentlich daheim. Darum ran an das Gespenst, das angeblich unser schönes Europa heimsucht. Also was ist eigentlich los, fragte ich mich und schaltete das allwissende Internet ein. Dort stand, dass der jordanische Prinz Ali bin Al-Hussein als Fifa-Präsident gegen den Schweizer Sepp Blatter kandidiert. In der verqueren Pegida-Logik heißt das also: Prinz Ali hat sich aus dem Morgenland aufgemacht, augenscheinlich wird Zürich von den Moslems belagert.
Der Drache Blatter ist in Gefahr! Doch über Zürich kreisten sogleich sechs seltsame Lebewesen zum Schutz ihres Segensbringers. Die Weltmeisterschaft in Brasilien war ihr Treibstoff. Menschenähnliche Gestalten mit sechs Gesichtern und sechs Flügeln. Füße wie Stiere, ihre Gesichter waren Firmengesichter. Jeweils ein Adidas-Gesicht, ein Coca-Cola-Gesicht, ein Hyundai-Gesicht, ein Sony-Gesicht, ein Visagesicht, ein Fly Emiratesgesicht. Die sechs Lebewesen schauten nie nach hinten, sie schauten immer nur nach vorn. Ein leicht schwachsinniger Pathos, wahrscheinlich steckt Samsung dahinter. Uefa-Präsident Michel Platini plus DFB-Chef Wolfgang Niersbach waren aber grundsätzlich sehr erfreut über Prinz Alis Kandidatur. Das sagten die zwei Feinschmecker des Fußballs nicht hinter den Scheiben eines schwarzen Mercedes-Benz mit getönten und kugelsicheren Scheiben. Sie sagten es in alle Mikrofone in Reichweite (im Mercedes saßen derweil Messi, Ronaldo, Casillas, Rooney und ein paar Afrikaner beim Geld zählen).

Was für ein Ding. Ein Gespenst geht um in Europa, es öffnet schon bald die Tore von Zürich. Die ersten Pegida-Aktivisten haben sich längst Undercover in die Schweiz begeben. Die Elite der deutschen HoGeSa-Szene wartet nur auf den Einsatzbefehl, um Lanzelot Blatter vor Prinz Ali zu behüten. Dabei steht angeblich nicht einmal fest, ob Niersbach den Ali bei der Wahl unterstützen werde. Natürlich tat er nur so, als wüsste er nicht, was eigentlich gespielt wird. Der DFB ist in Wirklichkeit immer nah am harten Kern. Wir Deutschen wissen, wo Barthel den Most holt. Homophobie, Frauenfußball, Menschenrechte. Korruption.

Diese Problematik schreit nach einem Königsmord. Ali war die letzten vier Jahre eifriger Hofschranze und Abnicker der Fifa-Schweinigeleien und Scheinvertreibungen korrupter Blatterkumpels, die es zu arg getrieben hatten. Diese intensiven Studien Fifascher Verderbtheit verbinden ihn eng mit Platini. Der erkannte sofort Alis hohe, aus dem Nichts herbeigezauberte Glaubwürdigkeit und tat ansonsten auch so, als wüsste er von nur sehr wenig. Abwarten, auf Vorschläge und so. Bestimmt ist ein Live-Aid geplant. Hat nicht Bono grad ne neue Platte gemacht?

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Sepp Blatter mit Silvio Berlusconi gemeinsam hat.

Fifa-Präsident Joseph Blatter (l.) und sein Herausforderer Prinz Ali bin Al-Hussein.
Fifa-Präsident Joseph Blatter (l.) und sein Herausforderer Prinz Ali bin Al-Hussein.

© AFP

Vielleicht ist Prinz Ali aber tatsächlich der neue Messias, der den Schmutz aus der internationalen Fußballzentrale fegt? Eine ehrliche Haut. Gorbi hat auch ganz klein angefangen. Und plötzlich schrieen alle Perestroika! Wir erinnern uns gern an seine gesalbten Worte vom Zuspätkommer, den das Leben bestraft. Haben wir es bei Methusalix Sepp Blatter (der interessanterweise über die gleichen Initialen wie der Cherub  Silvio Berlusconi verfügt) denn schon morgen mit einem Exsonnenkönig zu tun? Ein schönes Paar. Beide haben schon sehr früh erkannt hat, dass sich mit dem Fußball köstliche Geschäfte machen lassen. Italien wird bestimmt bei der Wahl „No Ali“ skandieren. Unser oberster DFB-Funktionär schwelgt indessen vom vielen Guten, das er von Prinz Ali hörte. Der soll auch sehr stark sein. Muss er, muss er! Will er den Schweizer Leitwolf zur Strecke bringen, braucht es allerhand silberne Kugeln. Ja, Fußball ist pure Literatur.

Platini und Niersbach sind, wie schon mehrfach gesagt, erfreut. Nicht hoch erfreut, aber erfreut. Am Ende sind sie gleichwohl hoch erfreut. Wenn erst mal Alis Vorschläge an die Tür von Blatters Alpenfestung genagelt sind. Letztens musste ich im Übrigen fast ein wenig weinen, als ich las, Blatter stamme aus einer Schweizer Arbeiterfamilie.

Und was sagt das gestrige Deutschland? "Jetzt will der Muslim auch noch unseren weißen, christlichen Kerneuropäer Blatter entmachten!", rufen die Pegida-Demonstranten sicher bald. "Ein gewisser Ali will uns den Fußball klauen", steht wie aus dem Nichts in gotischen Lettern nebst anderen schrecklichen Nachrichten im Pegida-Propagandamagazin.

Unschuldige Zweifüßer wie ich glauben zwar nicht an das Gute im Menschen, doch so lange VW und die katholische Kirche das Licht ausschalten, ist alles halb so wild und Blatter bleibt Präsident.

Zur Startseite