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Taktisch stark. Der in Stuttgart geborene Bernard Tomic, Sohn kroatischer Eltern, kann nicht nur hart schlagen, sondern auch mit Köpfchen spielen.

© dpa

Wimbledom: Bernard Tomic ist der reife Rüpel

Die australischen Fans lieben Tomic nicht, vielmehr jubeln sie ihm aus einer patriotischen Pflicht heraus zu. Er ist beim Tennis-Turnier in Wimbledon ihre neue Hoffnung.

Boris Becker mag mit seinen Einschätzungen nicht immer ganz richtig liegen. Als die Japanerin Kimiko Date-Krumm dieser Tage in Wimbledon so mitreißend gegen Venus Williams kämpfte, fragte sich Becker, ob jetzt wohl alle 50 Millionen Einwohner Chinas ihrer Landsfrau gerade zuschauen würden. Auch mag sein mahnender Rat an Andy Murray, sich doch schleunigst von seiner Mutter Judy abzunabeln, nicht auf große Gegenliebe gestoßen sein. Doch wenn es darum geht, die Erfolgsaussichten des jungen Bernard Tomic zu beurteilen, dürfte Becker durchaus wissen, wovon er spricht. Schließlich hatte er im Alter von 17 Jahren die Trophäe in Wimbledon gewonnen. Und Tomic ist gerade einmal ein Jahr älter als Becker damals und auf dem besten Wege, nicht nur den All England Club zu erobern.

„Dieser Junge wird ein Star. Ich bin sehr beeindruckt von ihm“, sagte Becker, nachdem Tomic den Weltranglistenfünften Robin Söderling in der dritten Runde förmlich vom Platz gefegt hatte. „Er spielt sehr reif für sein Alter.“ Seit 21 Jahren war es keinem 18-Jährigen mehr gelungen, ins Achtelfinale von Wimbledon vorzudringen. Der US-Amerikaner Michael Chang war 1990 der letzte gewesen. Und wie froh wäre man wohl hierzulande, würde Tomic, der in Stuttgart geboren wurde, dem deutschen Herrentennis neue Hoffnung geben. Aber Tomic’ Eltern sind während des Balkan-Krieges Anfang der Neunzigerjahre zwar von Kroatien nach Deutschland geflüchtet, doch dann nach Australien ausgewandert, als ihr Sohn drei Jahre alt war. John Tomic fuhr zunächst weiter Taxi, um die Familie durchzubringen, doch als sein siebenjähriger Sohn sein Faible für Tennis entdeckte, übernahm er das Training. „Wenn ich den Platz betrete, dann spiele ich, um zu gewinnen“, sagt Bernard Tomic, diese Haltung sei ihm von klein auf eingetrichtert worden.

Wie besonders sein Talent ist, deutete sich dabei schon früh an. Mit 15 Jahren gewann er als jüngster Spieler der Geschichte den Juniorentitel bei den Australian Open und das vor allem durch seine kluge Spielweise. Während die meisten jungen Spieler den Ball zwar sehr hart schlagen, aber oft nicht wissen, wie sie einen Punktgewinn taktisch aufbauen sollen, verfügt Tomic über Spielwitz und Köpfchen. „Ich bin nicht der Typ, der nur hart schlägt“, sagt der mittlerweile 1,93 Meter große Tomic, „aber ich kann die Schwächen des Gegners schnell rausfinden. Das war immer meine Stärke.“ Mit den ersten Erfolgen mehrten sich jedoch die Spannungen zwischen dem Tomic-Clan und dem australischen Tennisverband. Es wurde um Geld und Zuwendungen gestritten, aber auch Bernard Tomic selbst benahm sich auf dem Platz meist wie ein Rüpel. All das verbesserte sein Ansehen nicht gerade.

Die australischen Fans lieben Tomic nicht, vielmehr jubeln sie ihm aus einer patriotischen Pflicht heraus zu. Schließlich neigt sich die Karriere des ehemaligen Wimbledonsiegers Lleyton Hewitt dem Ende zu, der seit zehn Jahren stets der beste und zuletzt auch der einzige Australier in den Top 100 gewesen ist. Nun ist der 30-Jährige weit zurückgefallen und Tomic’ Lauf in Wimbledon leitet die Wachablösung ein. Von Platz 158 wird Tomic sich mindestens 60 Ränge vorarbeiten, denn auch am Montag im Achtelfinale gegen den Belgier Xavier Malisse muss noch nicht Schluss sein. „Ich denke, ich kann gewinnen“, sagt Tomic, „ich muss nur weiter an mich glauben.“

Australiens Davis-Cup-Kapitän Patrick Rafter tut es auch, und der positive Einfluss, den er während der Vorbereitung auf Tomic hatte, scheint besonders seinem Benehmen auf dem Platz gutgetan zu haben. „Lleyton hat seinerzeit einen sehr guten Job gemacht“, sagt Rafter, „Bernard kann das auch schaffen.“

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