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Sport: Winzige Giganten

Wenn Malta auf San Marino und Andorra trifft – die Spiele der Kleinstaaaten entwickeln einen Hang zu Superlativen

Der Druck vor dem Finale war enorm gewesen für David Fiegen. „Alles andere als ein Sieg wäre eine einzige Enttäuschung“, hatte eine Zeitung in seinem Heimatland Luxemburg in der Vorschau auf die Spiele auf Malta die Erwartungen beschrieben. Ganz Luxemburg schaute auf den 800-Läufer am letzten Mittwoch, als er auf Malta zum großen Wurf ansetzte; das Fernsehen war vor Ort und andere Journalisten, und vor Monaten schon hatte der Erzherzog für sich die Siegerehrung reklamiert. David Fiegen meisterte diese Aufgabe im Stil eines Champions und siegte souverän. Der Erzherzog legte ihm die Medaille um den Hals, die Hymne erklang, und alle waren zufrieden.

Die Unterschiede zwischen den großen Olympischen Spielen und denjenigen auf Malta fallen gar nicht so groß aus – nur ist eben alles ein wenig kleiner. Die „X. Spiele der europäischen Kleinstaaten“, die nach sechs Tagen nun auf Malta zu Ende gingen, imitieren das gigantische Vorbild in all ihren Ritualen: Es gibt Eröffnungs- und Abschlusszeremonien, eigene Medaillen, eine Fackel, einen offiziellen Song, und selbstverständlich auch eine Charta, der sich die teilnehmenden Athleten und Offizielle zu unterwerfen haben.

Seit 1985 kämpfen die Athleten aus acht europäischen Staaten, die nicht mehr als eine Million Einwohner haben dürfen, bei diesen Titelkämpfen um Ruhm und Ehre. Und so sehr dieses olympische Liliput von großen Sportnationen wie Deutschland auch belächelt wird, so bedeutsam ist es für die teilnehmenden Nationen San Marino, Island, Andorra, Luxemburg, Malta, Monaco, Liechtenstein und Zypern. Handelt es sich dabei doch für viele Sportler um die einzige Möglichkeit, um Titel zu kämpfen, weil die Qualifikationshürden für Olympia und Weltmeisterschaften zu hoch sind.

Die erreichten Zeiten, Weiten und Punkte spielen eine untergeordnete Rolle. Wichtig sind Siege, denn auch die 390 000 Menschen in Luxemburg wollen sich spiegeln in den Erfolgen ihrer Athleten, auch sie sind gierig auf Idole, wenngleich sie keine weltweite Strahlkraft besitzen.

Auch die Spiele der Kleinstaaten entwickeln mit der Zeit einen Hang zu Superlativen. An der Premiere in San Marino nahmen 300 Sportler teil, Malta musste bereits 1000 Athleten unterbringen. Sogar die „Times of Malta“, die täglich über mehrere Seiten speziell die „local heroes“ würdigt, hat sich deswegen hinreißen lassen zu leiser Kritik, die Spiele mögen doch wieder gemütlicher werden. Auch die Worte Jacques Rogges, der letzten Montag an der Eröffnungsfeier teilnahm, deuteten in die gleiche Richtung. „Erinnert euch daran, dass es nicht nur um den Wettkampf geht, sondern auch darum, die wahren Werte des Sports zu zeigen“, bat der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

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