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Sport: „Wir haben ja noch den Otto“

Gottschalk will Völler zum Weitermachen überreden – und scheitert

Berlin Samstagabend, 21 Uhr 17. Thomas Gottschalk kündigt auf der Berliner Waldbühne in seiner Sendung „Wetten, dass…“ einen Gast an, „der liebend gern woanders wäre“. Dann will Deutschlands beliebtester Showmaster die Menschen animieren und anstimmen: „Ein Rudi Völler…“ Die 20 000 Besucher ahnen das schon, beginnen von selbst zu singen: „Ein Rudi Völler, es gibt nur einen Rudi Völler.“ Der ehemalige Teamchef betritt die Bühne, er winkt in Richtung Publikum. Ein wenig schüchtern wirkt das. Die Kamera zeigt ihn jetzt in Großaufnahme, Völler ist gerührt, er zwinkert kurz ins Publikum, so wie er es immer macht, wenn er sagen will: „Ist schon okay.“ Normalerweise klopft er den Leuten dann kurz auf die Schulter, ein kleiner Klaps nur, der Nähe ausdrücken soll und Wärme. Hier geht das ja schlecht, es wären einfach zu viele Schultern.

Dafür wird es sichtbar feucht in Völlers Augen, der Applaus will kaum abebben, endlich nimmt er Platz auf dem cremefarbenen Sofa, zwischen Model Nadja Auermann und Thomas Gottschalk. „Ich bin natürlich überwältigt. So ein Empfang hier“, sagt Völler.

Dann ruft schon der erste Zuschauer: „Rudi, mach’ weiter.“ Es ist die Situation, die Völler nicht behagt, denn er ist nicht hierher gekommen, um sich zur drängenden Trainerfrage zu äußern, zur Krise im deutschen Fußball, die er ja selbst mit seinem überraschenden Rücktritt ausgelöst hat. Völler reagiert jetzt nicht auf die Aufforderung des Publikums, und Gottschalk, auch das ist keine Überraschung, fragt nicht nach.

Statt dessen geht es noch einmal um die Europameisterschaft, die so unbefriedigend für die deutschen Kicker verlaufen war. Gottschalk fragt, wie das denn nun so war mit dem Vorrunden-Aus und seinem Rücktritt als Bundestrainer, ob sich Völler von seinen Spielern „im Stich gelassen“ fühlte? „Nee, die Jungs haben wirklich alles versucht.“ Jetzt pfeifen einige im weiten Rund, aber Völler hebt beschwichtigend die Arme und sagt: „Doch, doch, das war so, und wenn jetzt jemand pfeift, ist das falsch.“ Und so ist fortan Ruhe, Rudi Völler hat gesprochen, das wird akzeptiert.

Gottschalk macht es jetzt spannend, weil sich jeder fragt, wann er Völler darauf ansprechen wird, ob der nicht doch noch weitermachen wolle. Das Publikum würde es doch wünschen, seine Fans wären begeistert, die Krise gemeistert. Gottschalk sagt es jetzt: „Die Frage, die wir uns alle stellen: Könntest du dir vorstellen, auch mal eine andere Frisur zu tragen?“ Kurze Stille, dann lautes Gelächter, die Spannung weicht aus der Waldbühne wie die Luft aus einem Ballon.

Völler kontert: „Das ist bei mir so wie bei dir, ich bleibe meinem Stil treu.“ Er wirkt nun entspannt, fühlt sich sichtbar wohl an der Seite von Nadja Auermann. Man muss kein Wahrsager sein, um zu ahnen, was Gottschalk selbst bestätigt: „Rudi kommt nur zu mir, weil er vor Fachfragen sicher ist.“

Aber Gottschalk wiegt Völler nur in Sicherheit. Schließlich, als Basketball-Star Dirk Nowitzki bereits mit in der Runde sitzt, fragt Gottschalk dann doch noch, ob Völler angesichts der ausweglos erscheinenden Bundestrainersuche weitermache. Nowitzki klatscht Beifall, aber Völler bleibt entspannt und unbeeindruckt: „Wir haben uns alle ein bisschen darauf verlassen, dass Ottmar Hitzfeld es macht, aber wir haben ja noch den Otto Rehhagel.“Tsp

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