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© dpa

Sport: Wir sehen uns 2014 in Sotschi

Teichmann spürt nach Silber das Olympiafieber

Es kann gut sein, dass er 2014 in Sotschi, in dem russischen Bade- und Kurort an der Schwarzmeerküste, noch einmal auf Medaillenjagd gehen wird. Axel Teichmann hatte plötzlich Geschmack an Olympia gefunden, an diesem Ereignis, das für ihn bis zur vergangenen Woche vor allem mit Pleiten und Pech, Enttäuschungen und Missverständnissen verbunden war.

Dass Teichmann nicht ausschließen wollte, vielleicht auch mit 34 Jahren auf den über Sotschi gelegenen Loipen im Kaukasus seinem Goldtraum hinterherzuhecheln, lag an einem außergewöhnlichen Rennen. Um 0,3 Sekunden, nicht ganz einen Meter, verfehlte der Thüringer die Goldmedaille über 50 Kilometer. Teichmann verblüffte die Konkurrenten und alle Beobachter, als er auf den letzten zehn Kilometern von Platz 25 mit einem Rückstand von 22,7 Sekunden nach und nach am ganzen Feld vorbeifuhr, sich an die Spitze setzte, um schließlich nur gegen dem stärksten Sprinter des Nordischen Skisports, den Norweger Petter Northug, in einem harten Finish den Kürzeren zu ziehen.

„Mensch, ich habe eine Chance.“ Dieser Gedanke schoss ihm bei Kilometer 49 durch den Kopf. Er schob gewaltig mit den Skistöcken, die Schritte im klassischen Stil wurden immer schneller und länger, er hängte Konkurrent um Konkurrent ab, darunter Tobias Angerer, der schließlich Vierter hinter dem Schweden Johan Olsson wurde. „Ich bin absolut glücklich über Silber“, sagte Teichmann.

Man sah es ihm auch an. Normalerweise zeigt er öffentlich einen Gesichtsausdruck, den Mitmenschen als üble Laune interpretieren. Mies gelaunt war er sogar, nachdem er im Teamsprint endlich eine Olympia-Medaille geholt hatte. Auch dort war er von Northug geschlagen worden. Teichmann erwies damit allerdings auch seinem Zimmerkollegen Tim Tscharnke, der erst 20 Jahre alt ist und ihn zu Silber mitgerissen hatte, einen Bärendienst. Der Erfolg des Duos wurde wegen der Weigerung von Teichmann, sich einmal den Medien zuzuwenden, gar nicht richtig gewürdigt. Bei der Staffel hatte Teichmann Pech, er war der Schlechteste, er vergab eine mögliche Medaille. Drei verschiedene Paar Ski hatte Teichmann zur Auswahl. Als der Schneefall einsetzte, stellte sich heraus, dass er auf die falschen Latten gesetzt hatte.

Für das 50-Kilometer-Rennen hatte er seine Lektion nur halb gelernt. Seit 2009 sind Skiwechsel erlaubt, die Athleten können bis zu dreimal pro Wettbewerb auf veränderte Wetterbedingungen reagieren oder sich neu präparierte Ski mit einem besseren Grip besorgen. Dieser „Boxenstopp“ kann allerdings wertvolle Sekunden kosten. Oder man kann sich, wie es Teichmann widerfuhr, für die falschen Ski entscheiden und zehn Kilometer „mit Saftlatten“ (Teichmann) gleiten. Sonst hätte der Thüringer vielleicht Gold gewinnen können. Der letzte Wechsel auf nun bessere schmale Bretter und sein energischer Schlussspurt führten immerhin in der Königsdisziplin des Langlaufs zur ersten deutschen Medaille seit Gert-Dietmar Klause (damals DDR) 1976 in Innsbruck.

Bundestrainer Jochen Behle hatte Teichmann zum Start überreden müssen. Es war erst das vierte 50-Kilometer-Rennen des Thüringers. Mit einem Spitzenplatz hatte er deswegen gar nicht gerechnet. Beim Finale der Spiele, vor freudetrunkenen Kanadiern, schloss Teichmann nun endgültig seinen Frieden mit Olympia.

Gregor Derichs[Whistler]

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