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Sport: Wir sind wir

Nach dem Sieg gegen Bayern tönen die Bremer wie früher die Münchner

Bremer Freimarkt und den Bayern die Lederhosen ausgezogen – diese Kombination versetzt selbst unterkühlte Bremer in Ekstase. Deshalb ist es nicht schwer, für den heutigen Abend im Bayernzelt auf dem Bremer Volksfest den Ausnahmezustand vorherzusagen. Denn unters bierselige Volk mischen sich dann auch die Fußballprofis von Werder Bremen. Die Haxe und das Bier dürfen sich Miroslav Klose und seine Kollegen schmecken lassen, die Neuzugänge werden später zu bayerischer Blasmusik die Kapelle dirigieren. Trainer Thomas Schaaf hat keine Einwände: „Wir haben es uns verdient, mal durchzuschnaufen.“ Und sich für das 3:1 gegen Bayern München feiern zu lassen.

Während nun die Bayern den schlechtesten Saisonstart seit 13 Jahren beklagen und schon so oft verloren haben wie in der gesamten vergangenen Saison, berauschen sich die Bremer an ihren neuen Perspektiven. „Wirtschaftlich haben die Bayern einen Riesenvorsprung – den aufzuholen wird schwierig. Aber auf dem sportlichen Sektor haben wir den Abstand enorm verkürzt“, hatte Sportdirektor Klaus Allofs vor dem Spiel gesagt. Danach klangen die Sätze noch frecher. „Bayern ist nicht schlecht, aber wir sind halt ein bisschen besser“, tönte Torwart Tim Wiese. Sechs Gegentore hatte Wiese seinem Vorbild Oliver Kahn prophezeit, „Respekt, dass sie dagegengehalten und nur drei kassiert haben“, sagte Wiese nun.

Auch Torsten Frings, die dominierende Figur des Spitzenspiels, gab den Münchnern noch einen mit: „Bayern, Schalke und wir: Von diesen drei Mannschaften haben wir die größten Möglichkeiten.“ Die Bayern, einst Inbegriff meisterlichen Selbstbewusstseins, schlugen demütige Töne an. Erst im Januar werde man den wahren FC Bayern erleben, sagte Willy Sagnol fast kleinlaut und schob die Misere auf die mangelnde Vorbereitungszeit.

Werder Bremen der kommende Deutsche Meister? Zumindest gibt es Zeichen für eine Wachablösung. Einen so starken Kreativspieler wie Diego haben die Münchner nicht. Auch im Kollektiv scheinen die Bremer einen Schritt weiter als die Münchner: Die Akzeptanzprobleme zwischen Frings und Diego sind behoben – der deutsche Nationalspieler leistete das Zuspiel, das Diego zu einem wunderschönen Tor gegen den verdutzten Kahn aufnahm. Nicht ohne Grund lief der 21 Jahre alte Brasilianer nach seinem kuriosen Abstecher zu den Bayern-Fans zu Frings. „Die Spieler haben verinnerlicht, dass dauerhafter Erfolg nur über eine starke Gemeinschaft funktioniert“, sagte Allofs.

In der Zweckgemeinschaft der Bayern tun sich hingegen feine Risse auf. Verteidiger Daniel van Buyten prangerte Versäumnisse an: „Wenn man auf dem Platz nicht alles gibt, wenn nicht alle zusammenhalten, verliert man so ein Spiel.“ An der Niederlage war zudem nachweislich van Buytens Nebenmann Lucio beteiligt, der an allen drei Gegentoren Schuld hatte. Vor dem 0:1 ließ sich der brasilianische Nationalverteidiger von Diego austanzen, beim 0:2, einem wuchtigen Freistoß von Pierre Womé, drehte er sich aus der Schussbahn, das 1:3 erzielte Lucio mit einem Eigentor gleich selbst. Zu allem Überfluss erlitt der Brasilianer auch noch eine Bänderdehnung und fällt nun drei Wochen aus.

Zudem unterlief den Bayern am Samstag ein entscheidender taktischer Fehler: Die Nominierung des Drei-Mann-Sturmes (Podolski, Pizarro, Makaay) erwies sich als Irrtum, so hoffnungslos überfordert war das unterbesetzte Mittelfeld mit einem orientierungslosen Andreas Ottl und einem hilflosen Mark van Bommel gegen den spiel-, lauf- und einsatzfreudigeren Widerpart aufseiten Werders.

„Unsere Stürmer haben das Mittelfeld zu wenig unterstützt“, mäkelte Bayerns Trainer Felix Magath, ohne dass er den offensichtlichen Missstand rechtzeitig korrigierte. Besonders blass blieb dabei der in seinem Aktionsradius gefährlich limitierte Lukas Podolski, der schwächste Spieler des Nachmittags. Dass auch der Bayern-Spieler Bastian Schweinsteiger nur wie ein billige Kopie des Nationalspielers Bastian Schweinsteiger daherkam, zählte zu den vielen weiteren Münchner Merkwürdigkeiten, mit denen sich die Münchner nun beschäftigen müssen. Antworten auf die drängenden Fragen fallen selbst den Vordenkern des Klubs schwer. Manager Uli Hoeneß sagte nach dem Spiel vorsichtshalber nichts. Sein Kopf war hochrot vor Zorn.

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