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Erlösender Treffer: Der eingewechselte André Schürrle erzielt das 1:0 zu Beginn der Verlängerung.

© Reuters

Update

WM 2014 - 2:1 gegen Algerien: Deutschland zittert sich zum Sieg nach Verlängerung

Deutschland steht im Viertelfinale, das ist die gute Nachricht. Doch im Spiel gegen den vermeintlichen Außenseiter Algerien tat sich die Mannschaft von Bundestrainer Löw enorm schwer, bis in die Verlängerung hinein.

Wie oft hatten es die Deutschen mit der Hacke probiert? Wie oft probierten sie es mit halbherzigem Schnörkel gegen algerische Leidenschaft, wie oft waren sie in mehr als 90 Minuten gescheitert? Dann flankte Thomas Müller in der zweiten Minute der Nachspielzeit flach in die Mitte, André Schürrle rutschte der Ball unter dem Fuß hindurch. Dann erwischte der eingewechselte Stürmer ihn noch – mit der Hacke beförderte Schürrle den Ball ins Tor. Das 1:0 schien eine bis dahin erschreckend einfallslose deutsche Elf erlöst zu haben. Doch trotzdem musste sie noch einmal zittern: Dem 2:0 durch Mesut Özil ließ Algeriens Djabou in letzter Minute den Anschlusstreffer folgen. Die deutsche WM-Mission wäre fast noch im Desaster geendet. Noch nie hatte eine deutsche Mannschaft ein Achtelfinale seit der Einführung bei der WM 1986 verloren. Dabei blieb es.

Das Team von Joachim Löw siegte 2:1 (0:0) nach Verlangerung und trifft nun im Viertelfinale auf Frankreich, muss sich dort jedoch erheblich steigern. Der Tag hatte schon mit einer schlechten Nachricht für die deutsche Reisegruppe begonnen. Mats Hummels wurde zurück ins Bett geschickt, der Dortmunder war über Nacht erkrankt und blieb im Hotel. Aber irgendwie konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, als sei die gesamte Mannschaft von einem grippalen Infekt befallen, so wie sie spielte. Das heißt, die spielte eine Halbzeit lang gar nicht. Sie flipperte haltlos hin und her. Es war selten schlimmer Rückfall in nicht mehr für möglich gehaltene Rumpelfußballzeiten, selbst wenn er mit der Hacke gespielt wurde. Dass sie ohne Gegentor irgendwie in die Halbzeit brachte, grenzte schon fast an einem Wunder.

Manuel Neuer als starker Rückhalt

Allein Manuel Neuer musste mehrmals seinen Strafraum verlassen, um in höchster Not zu klären. Das deutsche Mittelfeld um Kapitän Philipp Lahm bekam überhaupt keinen Zugriff auf das Spiel. Das Zentrum dominierte klar Algerien, die eigentlich überall auf dem Feld Überzahlsituation schaffen konnten. Sie waren leidenschaftlicher und hatten hochkarätige Chancen.

Vor allem in der Defensive herrschten bisweilen chaotische Zustände. Für Hummels war Jerome Boateng an die Seite von Per Mertesacker in die Innenverteidigung gerückt, der ungewohnt holprig ins Spiel kam. Sein Ersatz am rechten Rand der Viererabwehrkette, Shkodran Mustafi, war dagegen ein einziges Sicherheitsrisiko. Der 22-Jährige verursachte mit seinen Ballverlusten und defensiven Stellungsfehlern ein fahriges, ja fiebriges Spiel des Favoriten.

Löw hatte sich für Bastian Schweinsteiger anstelle von Sami Khedira für die latent vakante Position im zentralen Mittelfeld entschieden. Aber es zeigte sich, welche Schwierigkeiten das deutsche Mittelfeld hat, wenn der Gegner es mit aggressiven Pressing attackiert. Und nach vorn ging von der Zentrale fast nichts aus. Bis auf drei Fernschüsse von Schweinsteiger, Toni Kross und Mesut Özil sowie einem Kopfball von Thomas Müller brachte die deutsche Offensive nichts zustande.

André Schürrle kommt für Mario Götze

Löw musste reagieren in der Halbzeit und das tat er auch. Für Mario Götze, der siebente Startelfspieler vom FC Bayern, kam Schürrle, der das Spiel mit seiner Lauffreude wenigstens belebte. Doch ein echter Neustart, der bitter nötig gewesen wäre, wollte dem deutschen Team einfach nicht gelingen.

Nach wie vor unterliefen den Deutschen viele Fehler im Aufbauspiel, was den Nordafrikanern gefährliche Tempogegenstöße ermöglichte. Nur phasenweise bekam das Mittelfeld etwas mehr Zugriff aufs Geschehen. Und so ergaben sich ein paar wenige gute Chancen. Die erste gute vergab Mustafi, dessen Kopfball der algerische Torwart parieren konnte. Anschließend lenkte dieser einen schönen Schuss von Lahm zur Ecke.

Es war ein bisschen bezeichnend, dass Mustafi sich bei einem Befreiungsschlag auswechslungsreif verletzte. Für ihn kam Sami Khedira, der auf seine Stammposition ins zentrale Mittelfeld rückte. Das wiederum hatte zur Folge, dass Lahm auf die rechte Abwehrseite zurückwich. Sollte das auch ein Befreiungsschlag für das Löw-Team sein?

Wie verwegen diese Hoffnung war, zeigte gleich die anschließende Situation. Erneut musste Neuer vor seinem Strafraum den Ausputzer spielen. Zehn Minuten vor dem Ende hätte Müller das drohende Desaster abwenden können. Doch der vierfache Turniertorschütze scheiterte gleich zweimal. In der Schlussminute erging es Schweinsteiger nicht besser, der ebenfalls per Kopf am Torwart scheiterte. Es ging in die Verlängerung, in der Schürrle früh traf. Besser wurde es das Spiel kaum, auch wenn Özil im Zusammenspiel mit Schürrle im dritten Anlauf das 2:0 erzielte. Der späte Anschluss nach einem Gegenangriff, er sollte eine Warnung sein.

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