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Am Ende ein Kraftprotz, während des Spiels eher harmlos. Vielleicht hilft dieses Spiel auch Mesut Özil bei dieser WM in Brasilien weiter.

© dpa

WM 2014: Deutschland vs Algerien: Jetzt können wir Weltmeister werden!

Alle haben gezittert und gemeckert. Sie, liebe Leser, bestimmt auch. Dabei haben wir die Wiedergeburt der deutschen Turniermannschaft erlebt. Nicht mehr nur schön, sondern auch mal nur Kampf und Krampf. Na und!

Es war also Rumpelfußball? Natürlich war es Rumpelfußball, aber wir können jetzt wirklich Weltmeister werden. Das Spiel bei der Fußball-WM in Brasilien gegen Algerien war keineswegs nur schlecht, im Gegenteil: Es war die Wiedergeburt der Turniermannschaft Deutschland. Es war der ausgepowerte Innenverteidiger Per Mertesacker, der den Kern aller Fragen traf. Und auch wenn es widerborstig und beleidigt klang, was er da sagte, nach dem Spiel in der Mixedzone, aber es war doch auch die pure Wahrheit, als er dem Reporter die Frage hinrotzte: "Sollen wir etwa wieder schön spielen und ausscheiden?"

Körperliche Wucht und Wille

Das ist der Kern - denn man hat dieser Nationalmannschaft und Bundestrainer Jogi Löw immer vorgeworfen, dass sie nur schön könne, weil Löw nur schön will, dass aber der Punch fehle, die klare Kante, Durchsetzungskraft, um endlich wieder einen Titel zu holen. Immer wieder war diese Diskussion in Deutschland entbrannt, nach dem verlorenen Finale bei der EM 2008 gegen Spanien, dem verlorenen Halbfinale bei der WM 2010 gegen Spanien und schließlich dem verlorenen Halbfinale gegen Italien 2012. Immer hat man erst gefeiert und gejubelt, hat die Mannschaft in den siebten Himmel gelobt, um am Ende merkwürdig irritiert festzustellen, dass womöglich die Primärtugenden fehlen. Körperliche Wucht und Wille, wie es etwa Mehmet Scholl einmal während der WM ausgedrückt hat.

Niemand muss jetzt wieder mit Oliver Kahn und dem Satz "wir brauchen Eier" kommen, aber das Spiel gegen Algerien hat eben neben allen Schwächen auch gezeigt, diese Mannschaft kann an die körperlichen Grenzen gehen, und sie hat kapiert: Das geht nur über den unbedingten Siegeswillen.

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Dabei ist es noch gar nicht bei allen so weit: Ein Spieler wie Mesut Özil hat im Spiel gegen Algerien über weite Strecken noch immer diese Tugenden vermissen lassen, hat sozusagen weich gespielt, kaum einen Zweikampf eins zu eins gewonnen, aber er hat 120 Minuten durchgehalten, hat es immer wieder probiert, und am Ende ist er sogar belohnt worden. Man muss dieses Tor nicht überbewerten, aber die Art und Weise, wie Özil am Ende gezwungen war, endlich einmal voll durchzuziehen, wird ihn jetzt durch das Turnier tragen und antreiben.

Schön spielen oder gewinnen und den Titel holen? Per Mertesacker wusste eine Antwort...
Schön spielen oder gewinnen und den Titel holen? Per Mertesacker wusste eine Antwort...

© dpa

Joachim Löw mangelt es an Flexibilität

Eine Turniermannschaft braucht solche Spiele, solche Momente, muss gezittert haben und gefightet, um durch ein solches Turnier zu kommen. Und um, am Ende womöglich, wieder schön zu spielen - und effektiv. Die einzige Unbekannte in dieser Prognose ist letztlich der Bundestrainer. Denn offenbar mangelt es ihm an Flexibilität, auch gestern hat er lange stur an einem System festgehalten, das offensichtlich gegen eine solch diszipliniert verteidigende Mannschaft nicht effektiv war. Thomas Müller als Mittelstürmer musste ein Riesenpensum absolvieren, weil niemand sonst, vermutlich anders als von Löw vorgesehen, auch mal für ihn in die Spitze stieß. Kein Götze, kein Özil - nur Müller. Bis in Halbzeit zwei Schürrle kam.

Merkwürdig auch, dass der Bundestrainer in der Pause vor der Verlängerung stumm im Kreis seines Teams stand und an seinen Ärmeln nestelte, während Hansi Flick, sein Co, die Ansprache hielt. Özil stand mehrere Meter weit entfernt. Auch Jogi Löw wird zum Turniertrainer werden müssen und hart mit sich kämpfen, um vielleicht den einen oder anderen schönen Grundsatz über Bord zu werfen.

Und um mit Mertesacker zu sprechen: "Jetzt drei Tage in die Eistonne, und dann werden wir Weltmeister."

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