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England genießt die WM interventionistisch.

© reuters

WM 2014 - Presseschau aus Großbritannien: Cristiano Ronaldo ist Engländer - gegen Deutschland

In England herrscht auch WM-Fieber. Trotz der Niederlage gegen Italien gibt es Jubel und Optimismus. Franz Beckenbauer wird nicht verziehen und Cristiano Ronaldo muss als Engländer die deutschen Feinde schlagen. Eine Presseschau.

In England darf man als Nationalspieler mal gewinnen; das wird in diesen Tagen allerdings nicht so sehr erwartet. Besser ist, glorreich und tapfer zu verlieren: eine Aufgabe, die der Mannschaft von Roy Hodgson am Samstag gegen Italien durchaus gelungen ist.

"England hat das dunkle Mittelalter verlassen" schrieb Ollie Holt in der "Mirror". Die Niederlage gegen Italien sei Grund, optimistisch zu sein. Dass Hodgson sein volles Vertrauen in jungen Spielern wie Raheem Sterling und Ross Barkley zeigt, sei ein großer Schritt für den englischen Fußball.

Fast alle haben sich über die neue Generation gefreut, und für Sterling gab es überall besonderes Lob. Im "Independent" hieß er "Super-Sterling", und in der "Mail" "Hodgsons Star in Brasilien".

So fröhlich war die Stimmung nach dieser Niederlage, dass die Engländer fast ihre Arroganz wieder gefunden haben. Martin Samuel forderte in der Mail einen fußballerischen Angriff der leichten Brigade: "Angreifen, angreifen, angreifen!" beriet er mit imperialistischem Eifer Roy Hodgsons Team.

Nicht nur um Fußball kümmert sich aber die englische Presse. Die "Mail" hat einen angstlosen Reporter in die Favelas geschickt, um die grausame Wahrheit über Brasiliens Sozialprobleme zu enthüllen. Auf keinen Fall ist es Armutstourismus oder Effekthascherei, wenn Rio "One-Man-NGO" Ferdinand die komplizierte Situation um Brasiliens Gangkultur erklärt. Beste Bemerkung: "Die Polizei und die Bewohner arbeiten harmonisch zusammen." Und nächste Woche schreibt Rio über die wirklich sehr, sehr glücklichen Sklaven Katars.

Der Kaiser ist auch ein Thema

Auch über Franz Beckenbauer wurde in den letzten Tagen vieles in englischer Sprache geschrieben. Am besten ist vielleicht Ben Rumsbys Bericht für den "Telegraph", der auch erklärt, wie der britische Fifa-Chef Jim Boyce den Kaiser heftig kritisiert. Für Boyce, der nach öffentlichem Verständnis Englands gütiger Maulwurf in Fifa-Land ist, zeigt der Fall Beckenbauer, dass "die Reformen bei der Fifa jetzt funktionieren". Jimmy, der Patriot: Er verzeiht nie einem Deutschen, respektiert aber immer die Neutralität der Schweizer.

Ronaldo, Ronaldo, Ronaldo

Zu Deutschlands Chancen gegen Portugal sagen die Engländer fast genau das, was auch hierzulande gesagt wird. Ronaldo, Ronaldo und mehr Ronaldo. Der frühere Spieler von Manchester United ist primär ein früherer Spieler von Manchester United, und sekundär ein Portugiese, ein Real-Madrid-Spieler, und ein Nicht-Engländer. Deswegen sähen die Briten nichts lieber, als einen Ronaldo-Sieg über Deutschland heute Abend. Die "Mirror" schrieb sogar zehn Gründe auf, warum es Portugal gelingen wird.

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