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Franz Beckenbauer, damals Chef der DFB-Bewerbungskommission für die Fußball-WM 2006, (r), und Mohamed bin Hammam, Mitglied Katars im FIFA-Exekutivkomitee, posieren am 25.07.2000 in Doha (Katar) vor der Kamera.

© dpa

WM 2022: Franz Beckenbauer weist Bestechungsvorwürfe von sich

Die neuen Enthüllungen um die Katar-WM offenbaren wieder einen Blick hinter die Kulissen des Fußball-Business. Die Verquickung von Amt und Geschäft war offenbar kein Einzelfall beim Weltverband. Franz Beckenbauer wehrt sich gegen jeden Verdacht.

Im Geflecht aus konkreten Vorwürfen, subtilen Verdachtsmomenten und losen Behauptungen um die Skandal-WM in Katar ist plötzlich auch der Name Franz Beckenbauer aufgetaucht. Der Fußball-Kaiser weist jede noch so kleine Verquickung von Amt und Geschäft weit von sich. Betrug und Bestechung seien nicht seine Welt, versicherte Beckenbauer nach den jüngsten Enthüllungen der englischen Zeitung „Sunday Times“. „Beim Thema Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner. Mich hat diesbezüglich noch nie jemand versucht zu beeinflussen. Zudem war ich weder jemals für die Kataris noch für Mohamed bin Hammam tätig“, sagte Beckenbauer.

Die neuen Rechercheresultate der „Sunday Times“ rund um die Vergabe der WM 2022 an Katar dienen einmal mehr als Dokument des permanenten Geschmäckles - und fragwürdigen Geschäftsgebarens innerhalb der FIFA. Die Causa Katar sorgte damit kurz vor dem Anpfiff der WM in Brasilien für Zündstoff beim skandalerprobten Weltverband FIFA und drängte den Kongress von Sao Paulo in den Hintergrund.

Im Zentrum der Anschuldigungen steht wieder einmal Ex-Topfunktionär bin Hammam als vermeintlicher Strippenzieher für sein Heimatland. Der Katarer soll weitere 1,7 Millionen Dollar für Stimmen aus Asien bezahlt haben. Außerdem habe er Gespräche auf Regierungsebene mit Thailand für einen Gas-Deal eingefädelt, um sich die Stimme von FIFA-Exekutivmitglied Worawi Makudi zu sichern.

Beckenbauer über Gespräche mit Hammam

Nur ein paar Monate nach dem WM-Zuschlag soll auch Beckenbauer im Juni 2011 auf Einladung von bin Hammam zusammen mit Vorständen der unter anderem im Reedereigeschäft tätigen E.R. Capital Holding in Katar gewesen sein. Beckenbauers Management wollte sich zu Details nicht äußern und verwies auf eine Stellungnahme des 68-Jährigen von vergangener Woche. „Ich habe nie für Katar oder für bin Hammam gearbeitet.“ Ein Sprecher von ihm bestätigte, Beckenbauer habe vom 1. April 2011 bis Ende März 2014 als Berater und Botschafter für die E.R. Capital Holding gearbeitet. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte der „Sunday Times“, das Treffen habe sich um eine mögliche Zusammenarbeit mit katarischen Investoren im Schifffahrtssektor gedreht. Ein Kontrakt sei dabei nicht zustande gekommen.

Gespräche mit bin Hammam stellte die Fußball-Legende nicht in Abrede. „Natürlich habe ich mich als Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees mit Mohamed bin Hammam getroffen. Er war damals Vizepräsident der FIFA“, betonte der „Kaiser“. Unklar ist aber weiterhin, wieso Beckenbauer im Oktober 2009 angeblich auf Vermittlung seines Freundes und bekannten Sport-Spin-Doctors Fedor Radmann eine Einladung von bin Hammam nach Katar annahm.

Beckenbauers Beratervertrag mit dem Hamburger Unternehmen E.R. Capital Holding war bislang nicht publik. Offensiver vermarktet wird Beckenbauers Einsatz für den russischen Gasriesen Gazprom inklusive einer Kinderstiftung. Russland bekam am gleichen Tag wie Katar den Zuschlag für die WM 2018.

Katar wird für FIFA immer ungemütlicher

Beckenbauer, bei der WM-Vergabe im Dezember 2010 noch Mitglied der FIFA-Exekutive, hat bisher nicht offenbart, welchem Kandidaten er seine Stimme gegeben hat. Nun deutete er erstmals an, dass sein Votum nicht an Katar ging: „Ich kann nur sagen, dass ich in Abstimmung mit dem DFB für den Bewerber gestimmt habe, der uns am geeignetsten erschien, eine gute und erfolgreiche WM auf die Beine zu stellen und durchzuführen. Es hat mich selbst überrascht, dass es dann Katar wurde.“ Die Führungsspitze des DFB gilt seit jeher als Katar-kritisch.

Dem Vernehmen nach soll Beckenbauer bei der Wahl am 2. Dezember 2010 zunächst für Australien oder die USA gestimmt haben. Nach vier Jahren im Amt hatte sich Beckenbauer 2011 aus der FIFA-Exekutive zurückgezogen, da er sich mehr um seine Familie kümmern wollte.

Für die FIFA wird das Dauerthema Katar auf jeden Fall immer ungemütlicher. Mit weiteren Enthüllungen ist zu rechnen. Die „Sunday Times“ hat nach eigenen Angaben Zugang zu einer Million geheimer Dokumente. Sollten diese Bestechung von FIFA-Exekutivmitgliedern beweisen und FIFA-Chefermittler Michael Garcia zum gleichen Schluss kommen, könnte es für den Golfstaat eng werden. Am Montag will Garcia seine Ermittlungen abschließen und sechs Wochen später - also kurz nach der WM - seinen Bericht an die Rechtskammern weiterleiten.

Die FIFA wollte sich nach einer Sitzung ihrer Exekutive zu den Vorwürfen nicht äußern und erst die Untersuchungsergebnisse der Ethikkomitees abwarten. Die Forderung zweier Sponsoren (Sony, Adidas) nach einer zeitnahen Aufklärung des Eklats ließ die FIFA dann doch nicht unkommentiert. „Wir sind in ständigem Kontakt mit unseren Wirtschaftspartnern, inklusive Adidas, Sony und Visa und sie haben 100% Vertrauen in die Untersuchungen, die derzeit von der unabhängigen FIFA-Ethikkommission vorgenommen werden“, sagte Marketing-Direktor Thierry Weil. (dpa)

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