zum Hauptinhalt

WM der Fußballerinnen: Die besten Frauen der Welt

Marta zauberte und zeterte, Wambach köpfte und jubelte, Sawa schaltete und traf. Und wer steht eigentlich in der japanischen Abwehr? Unsere Elf des Turniers

Es war eher die Weltmeisterschaft der Mannschaftsleistungen als die der Einzelkünstlerinnen. Trotzdem ragten einige Spielerinnen aus der Masse der Kollektive heraus. Vor dem heutigen Finale (20.45, live in der ARD) stellen wir unsere Elf des Turniers vor.

TOR

Hope Solo, USA

Ihren großen Augenblick hatte die Amerikanerin, als sie im Viertelfinale gegen Brasilien im Elfmeterschießen gegen die tragische Daiane triumphierte. Sie strahlte im Turnier fast immer Sicherheit aus und war eine der wenigen Torfrauen, die ohne spielentscheidende Fehler durch die WM kam. Ihre Strafraumbeherrschung (auch bei Flanken und Ecken!) war bemerkenswert, ihre Flugeinlagen genügten höchsten ästhetischen Ansprüchen. Dazu hielt sie mit Engelsstimme und -miene so enervierend missionarische Vorträge über Mannschaftsgeist und unsichtbare Energiefelder auf dem Platz, dass man sich gut vorstellen kann, was sie ihren Kolleginnen in der Kabine so alles mit auf den Weg gegeben hat. Es scheint geholfen zu haben.

ABWEHR

Azusa Iwashimizu, Japan

Eigentlich ist es unfair, eine Spielerin aus dem japanischen Abwehrkollektiv hervorzuheben. Andererseits wäre es genauso ungerecht, die Leistung von Azusa Iwashimizu bei dieser Weltmeisterschaft nicht angemessen zu würdigen. Mit ihrer Partnerin Saki Kumagai ließ sie in der japanischen Innenverteidigung so gut wie keine Chance zu. Das Stellungsspiel der 24-Jährigen ist ebenso ausgezeichnet wie das schnelle Umschalten im Spiel nach vorne. Sie stellte sich der deutschen Inka Grings ebenso furchtlos wie Schwedens Starstürmerin Lotta Schelin im Halbfinale. Wovor sollte sie bei ihrem Können auch Angst haben? Überzeugt hat Iwashimizu auch nach dem Abpfiff gegen Schweden, als sie erst einmal jeder Schwedin die Hand schüttelte, bevor sie mit ihren Teamkolleginnen den Einzug ins erste WM-Finale feierte.

Saki Kumagai, Japan

Iwashimizus Partnerin in der Innenverteidigung ist mit 1,71 Metern die größte Spielerin im japanischen Kader, technisch schlechter als der Rest der Mannschaft ist sie deswegen noch lange nicht. Obwohl Kamagai erst 20 Jahre alt ist, zeichnet sie sich durch ein überragendes Stellungsspiel aus. Wenn sie den Ball dann abgelaufen und eingesammelt hat, spielt sie ihn flugs und intelligent weiter, wie es sich für eine moderne Abwehrspielerin gehört. Altmodische Fußballtugenden hat Saki Kumagai, die in der kommenden Saison für den 1. FFC Frankfurt spielt, aber auch zu bieten: Im Gruppenspiel gegen Neuseeland lief sie mit einem Turbanverband auf, um eine noch nicht ganz verheilte Platzwunde zu schützen.

Christie Rampone, USA

Fußball ist auch bei den Frauen zuerst Arbeit und dann Kunst. Keine im amerikanischen Team verkörpert das physische Element des Spiels so überzeugend wie Christie Rampone. Die Abwehrchefin kommt in ihren Zweikämpfen ohne Grätschen und fast immer ohne Fouls aus. Es war ihr Verdienst, dass das Team USA im Viertelfinale gegen Brasilien auch in Unterzahl nicht zusammenbrach. Und Marta, die brasilianische Lichtgestalt, hatte sie sehr viel besser unter Kontrolle, als es deren zwei Tore suggerieren. Im Finale schließt sich für die 36-jährige Mutter von zwei Kindern der Kreis. Als einzige Amerikanerin war sie schon 1999 beim zweiten und bislang letzten Titelgewinn dabei. Damals jubelte sie als Einwechselspielerin, diesmal will sie als Kapitänin den Pokal hochhalten.

Babett Peter, Deutschland

Vor vier Jahren saß die Potsdamerin noch die gesamte Weltmeisterschaft lang auf der Bank, jetzt war sie eine von drei Feldspielerinnen in Silvia Neids Mannschaft, die die vollen deutschen 390 WM-Minuten durchspielte. Gegen Kanada und Frankreich flankte die 23-Jährige jeweils auf Kerstin Garefrekes, die per Kopf traf – zwei Torvorlagen in vier Spielen sind für eine Außenverteidigerin mit mäßigem Offensivdrang keine schlechte Statistik. Ansonsten arbeitete Babett Peter vor allen Dingen gewissenhaft und resolut nach hinten, am Spielaufbau beteiligte sie sich mit den ihr gegebenen technischen Mitteln. Die Potsdamerin leistete also das, was man von ihr erwarten konnte. Und damit mehr als die meisten ihrer Mitspielerinnen.

MITTELFELD

Homare Sawa, Japan

Nicht nur durch ihren langen Pferdeschwanz sticht die Mittelfeldspielerin aus der japanischen Topfschnitt-, Kurzhaar- und Struwwel-Auswahl hervor. Die 33-Jährige strahlt Erfahrung und Ruhe aus, während um sie herum oftmals jugendliche Unbeschwertheit zu toben scheint. Es ist Homare Sawas fünfte Weltmeisterschaft, ihre erste spielte sie 1995 als 16-Jährige. Dass Japan so gut ist wie nie zuvor und im Finale steht, hat auch viel mit ihr selbst zu tun. Sawa erobert und verteilt den Ball, bereitete den 1:0-Siegtreffer gegen Deutschland vor und hat auch selbst schon vier Tore geschossen. Damit könnte sie am Sonntag sogar WM-Torschützenkönigin werden. Nur Marta hat ebenfalls vier Treffer erzielt, doch die ist längst ausgeschieden. Abby Wambach (3) könnte sie allerdings noch überholen. Nach ihren Treffern sprang Homare Sawa meist einer Mitspielerin in die Arme und ließ sich ein paar Meter herumtragen, ihr Lächeln wirkte dabei dann doch sehr jugendlich.

Louisa Necib, Frankreich

Zu Hause wird sie schon mit Zinédine Zidane verglichen, und ihr blumig formulierender Trainer Bruno Bini bezeichnet sie als Sonnenschein, der ihn auch im kältesten Stadion erwärme. Die französische Künstlerin gestaltet das Spiel mit einer Eleganz, wie ihn der Frauenfußball gern generell für sich in Anspruch nimmt, aber leider viel zu selten zeigt. Sie ist am Ball nahezu perfekt und kompensiert die Wettkampfnachteile ihrer grazilen Erscheinung mit Cleverness und Überblick. Im Halbfinale zeigte sie mehr Spielkultur als alle Amerikanerinnen zusammen. Louisa Necib hielt alles, was die deutschen Marketingstrategen vorher von Fatmire Bajramaj versprochen hatten.

Lauren Cheney, USA

Die Frau mit dem typisch amerikanischen Grinsen hat selbst schon zwei Tore geschossen, darunter das wichtige erste bei dieser WM für die USA. Dabei ist die gelernte Stürmerin inzwischen eigentlich mehr dafür zuständig, Abby Wambach die Bälle perfekt auf den Kopf zu zwirbeln. Mit 23 Jahren fällt Cheney bei ihrer ersten Weltmeisterschaft durch überragende Übersicht im Mittelfeld auf und ist immer in der Lage, den entscheidenden Pass zu spielen. Eine Fähigkeit, die man definitiv braucht, um Japan zu besiegen.

ANGRIFF

Marta, Brasilien

Die technisch beste Spielerin der WM verwöhnte das Publikum einmal mehr mit ihren Tricks und Zaubereien. Trotzdem wurde die fünfmalige Weltfußballerin in den deutschen WM-Stadien meistens ausgepfiffen – was weniger an ihrem Können als an ihrem Hang zu permanentem Lamentieren und ihrer Liebe zur Theatralik liegt. Mit ihrer Aura auf dem Platz beeindruckt sie viele Gegner aber – ebenso mit ihrem unvergleichbaren Zug zum Tor. Man weiß nie, was sie als nächstes tut, das scheint auch für die Gegenspielerinnen zu gelten. Marta könnte mit Homare Sawa noch erfolgreichste Torschützin werden – obwohl sie zwei Spiele weniger Zeit hatte.

Abby Wambach, USA

Die beste Kopfballspielerin des Turniers steht mit ihrem Stil für das genaue Gegenteil dessen, was Rasen-Machos als Mädchenfußball abtun. Abby Wambach beherrscht den Luftraum so furchteinflößend, wie das in den Achtzigerjahren mal Horst Hrubesch tat. Ihre Kombination aus Timing, Sprungstärke und Mut ist einzigartig. Und im Rücken weiß sie eine Trainerin, die ihr auch dann eine Stammplatzgarantie ausstellte, als sie in den ersten beiden Turnierspielen eine Chance nach der anderen versemmelte. „Abby wird ihre Tore machen“, sagte Pia Sundhage mit einer Überzeugung und Gelassenheit, die ihrer deutschen Kollegin Silvia Neid im Fall von Birgit Prinz abging. Der Erfolg gibt Sundhage recht: In Viertel- und Halbfinale setzte Abby Wambach jeweils die entscheidenden Treffer.

Lotta Schelin, Schweden

Immer gut gelaunt, charmant und lässig verbreitet die schöne Schwedin mit den kunstvollen Zöpfen und den pinken Schuhen auch auf dem Fußballfeld einen Hauch von Glamour. Wenn Schelin antritt, ist es damit vorbei. Trotz ihrer zierlichen Statur haut sich die 1,78 Meter große Stürmerin in die Zweikämpfe und rennt allen davon. Im Halbfinale sah sie allerdings keinen Stich gegen die starke Verteidigung der Japanerinnen. Dafür traf sie im Spiel im Platz drei – und feierte danach mit ihrem Team glamourös.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false