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Wer soll Brasilien zum WM-Titel 2014 führen? Ich, Luiz Felipe Scolari, daheim nur Felipao genannt – der große Felipe.

© Reuters

WM-Gastgeber 2014: Scolari wird brasilianischer Nationaltrainer

Dem Altmeister Luiz Felipe Scolari wird die höchste Ehre als Trainer zuteil – er darf Brasiliens Fußballteam zur Weltmeisterschaft im eigenen Land führen.

„Wir sehen uns dann mal am Strand“, hat Luiz Felipe Scolari gesagt, als er nach langen Wanderjahren genug hatte von Europa und Russland. Obwohl ja seine letzte auswärtige Station Taschkent eigentlich in Asien und Usbekistan lag, aber das macht in Brasilien keinen großen Unterschied. Für das interessierte Publikum hier findet Fußball in Rio de Janeiro, Sao Paolo oder Belo Horizonte statt, das immerhin hat auch die Welt kapiert und die WM 2014 nach Brasil vergeben.

Wo war doch gleich Europa?

Als der Fußballtrainer Luiz Felipe Scolari im Sommer 2010 nach acht Jahren fern von Südamerika endlich wieder in die Heimat zurückkehrte, war das eigentlich eine Reise Richtung Altenteil. In der alten Welt war Scolari gescheitert – als Nationaltrainer von Portugal nach dem EM-Aus 2008 gegen Deutschland noch einigermaßen würdevoll, beim FC Chelsea nach ein paar erfolglosen Monaten eher kläglich. Dass er im Weltfußball noch einmal eine Rolle spielen würde, dürfte Scolari nach seinen letzten Station bei Bunjodkor Taschkent und beim SC Palmeiras in Sao Paulo selbst kaum erwartet haben. Am Ende war es die Last des guten Namens, die ihn traf. Als die Brasilianer keine Lust mehr hatten auf Mano Menezes, den Vorgesetzten der wichtigsten Arbeitsgemeinschaft, die sich hier alle vier Jahre zusammenfindet.

Am Donnerstag ernannte der brasilianische Fußball-Verband CBF Luiz Felipe Scolari, 64, zum neuen Trainer der Nationalmannschaft. Das ist ein wenig mehr als ein protokollarischer Akt, sondern eine Art Seligsprechung. Er führt Brasilien nun zur Heim-WM. Und eine Weltmeisterschaft in Brasilien ist für den Fußball wie ein Kirchentag im Vatikan, mindestens.

„Unser Hauptziel ist, die Weltmeisterschaft zu gewinnen“, sagte Scolari bei seiner Vorstellung. Was auch sonst, alles andere hätte ihm eh keiner abgenommen. Und damit das mit dem Titel auch klappt, wurde Scolari mit Carlos Alberto Parreira ein Koordinator an die Seite gestellt. Auch er, natürlich, Weltmeistermacher. „Wir legen das Schicksal unserer Seleção in die Hände eines erfahrenen und international anerkannten Trainers. Das ist unser Duo, das, so Gott will, den großen Traum unseres Landes Wirklichkeit werden lässt, Champion bei der WM zu werden“, sagte Brasiliens Verbandspräsident José Maria Marin.

Scolari hört in Brasilien nur auf den Namen Felipao. Der große Felipe.

Dass es zwischen den zwei Altmeistern zu Reibereien kommen könnte, wies Parreira gleich persönlich zurück. „Wir sind hier, um zusammenzuarbeiten und Ideen auszutauschen“, sagte er. Der 59-Jährige machte klar, dass Scolari als Trainer das Sagen hat.

Luiz Felipe Scolari hört in Brasilien nur auf den Namen Felipao. Der große Felipe. Niemand würde es wagen, ihn Felipinho zu nennen, den kleinen Felipe. Scolari strahlt die Aura eines Feldherren aus. Und wehe, ein Soldat wagt daran zu zweifeln. Diese Ehrfurcht verdankt er seinem größten Erfolg, auch wenn er schon ein wenig angejährt ist. 2002 hat er die gelb-blaue Seleção zum bislang letzten Mal zum Weltmeister gemacht. Brasilien, das nach Eigendefinition fortschrittlichste Land der Welt, dreht sich gern zurück, wenn es um Fußball geht. Es geht dabei um die Zeit, da Fußball noch ein bisschen mehr HackeSpitzeEinsZweiDrei war und der brasilianische Führungsanspruch unbestritten.

Der letzte große Moment ist zwar schon bald elf Jahre her, aber in Brasilien unvergessen. Dieser 2:0-Sieg im WM-Finale von Yokohama über die Deutschen, nach zwei Toren von Ronaldo und einer unfreiwilligen Vorlage des gebrochenen Titans Oliver Kahn. Scolari hatte damals eine desaströse Seleção mitten in der Qualifikation übernommen, nach Niederlagen gegen Ecuador, Paraguay und Chile. Am Ende seines Engagements stand der fünfte und bis heute letzte WM-Titel. Scolari ist der Nation des Fußballs für den nationalen Auftrag gerade gut genug. Der vierte Titel geht auf den Trainer Parreira zurück. Der war 1994 Trainer der Mannschaft, die in den USA Weltmeister wurde, mit Romario und Bebeto und Dunga. Wer will bei so viel Vergangenheit schon an der Zukunft zweifeln? Erst recht, wenn sie zu Hause stattfindet, bei einer Art Kirchentag im Vatikan, mindestens.

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