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Frankreich (in Rot) gehörte bei der Rugby-WM zu den Enttäuschungen.

© REUTERS

WM in England: Europa schaut bei der Rugby-WM nur noch zu

Zum ersten Mal in der WM-Geschichte erreicht keine Mannschaft vom alten Kontinent das Halbfinale. Europa muss aufpassen, dass es in Zukunft nicht völlig den Anschluss verliert, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Ein Halbfinale einer Rugby-WM ohne England ist aus englischer Sicht ein Desaster. Schlimmer ist nur, wenn die WM noch dazu in England stattfindet. Wenn am Wochenende beim Weltturnier die Halbfinals ausgespielt werden, ist nicht nur England außen vor – ganz Europa muss zusehen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Rugby-Union- Titelkämpfe, die seit 1987 alle vier Jahre ausgetragen werden, ist kein Vertreter des alten Kontinents unter den letzten vier dabei. Die Finalteilnehmer ermitteln Neuseeland und Südafrika sowie Australien und Argentinien. Europäisches Rugby ist in der Spitze hinter den Rest der Welt zurückgefallen.

Frankreichs starke Liga ist Fluch und Segen zugleich

„Rugby aus einer anderen Welt“ wollte die englische Zeitung „Daily Mail“ beim 62:13-Sieg von Neuseeland gegen Frankreich gesehen haben. Die mit Spannung erwartete Neuauflage des letzten WM-Finales wurde eine Demonstration der aktuellen Kräfteverhältnisse. Und das, obwohl Frankreich über die qualitativ beste Liga der Welt verfügt. Aber das ist – wie in anderen Sportarten – Fluch und Segen zugleich. Das verhältnismäßig viele Geld, das es in Frankreich zu verdienen gibt und die ausländischen Stars kommen der eigenen Nationalmannschaft nicht zugute. Das zentralistische Ausbildungssystem des Verbandes zielte zu lange darauf ab, Allrounder – also Spieler, die alles können – heranzuziehen, statt die Stärken Einzelner zu fördern und Spezialisten zu formen.

Ähnliche Versäumnisse bei der Ausbildung sorgten dafür, dass sich England seit dem letzten Titelgewinn 2003 immer weiter von der Weltspitze entfernte. Die Mannschaft erlebte im Vorfeld der WM einen Umbruch, Englands Spieler waren letztlich zu jung und unerfahren, um den Spitzenteams Paroli bieten zu können. Dass Wales, Schottland und Irland sich achtbar verkauften, ist nur ein schwacher Trost. Europas Teams müssen aufpassen, dass ein Halbfinale ohne ihre Beteiligung nicht zur Normalität wird.

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