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Georg Grozer ist der Mann für die entscheidenden Punkte.

© dpa

WM in Polen: Die deutschen Volleyballer wollen eine Medaille

Die früher oft ängstlichen deutschen Volleyballer sind endlich von sich überzeugt – bei der Weltmeisterschaft haben sie sich eine Medaille zum Ziel gesetzt.

Am Dienstag ist Georg Grozer das Risiko einer Veränderung eingegangen. Ein neuer Haarschnitt kostet im polnischen Kattowitz gerade um die 15 Zloty, umgerechnet nicht einmal vier Euro. Also hat sich die Vorzeigefigur der deutschen Volleyballer das Haupthaar von einem unbekannten Friseur stutzen lassen, damit er für den Rest der Weltmeisterschaft perfekt aussieht. Grozer will mit seinem Team schließlich eine Hauptrolle spielen, wenn am Mittwoch die zweite Runde des Championats beginnt.

„Wir haben in der ersten Runde bewiesen, dass wir unser Ziel Medaille wirklich erreichen können. Das ist ein Traum von mir, und ich habe meine Träume bislang ganz gut verwirklicht“, sagt Grozer. Der dunkelhaarige Mann ist einer der weltbesten Angreifer und hat mit seinem russischen Verein Belogorie Belgorod in diesem Jahr schon die Klub-WM und die europäische Champions League gewonnen. Jetzt soll es bitte schön mit dem deutschen Nationalteam ein Platz auf dem Podium bei der Weltmeisterschaft sein. Ein Kunststück, das einem deutschen Männerteam zuletzt und einmalig vor 44 Jahren gelungen ist. Damals gewann die DDR Gold.

Dass deutsche Nationalspieler dieses hochgesteckte Ziel so offensiv kommunizieren, ist ein Beleg für die Veränderungen der letzten Jahre. Seit der Belgier Vital Heynen im Februar 2012 sein Amt als Bundestrainer angetreten hat, versucht er die Mentalität eines Teams zu ändern, das physisch schon lange zu den besten der Welt zählt, aber psychisch bislang im entscheidenden Moment immer eingeknickt ist. Bei den Olympischen Spielen 2012 und bei der Europameisterschaft 2013 war jeweils das Viertelfinale die Endstation. Das soll sich in Polen ändern. „Das Einzige, mit dem du von der WM nach Hause kommen kannst, ist eine Medaille“, sagt Heynen klipp und klar.

Dafür hat sich seine Mannschaft in der ersten Runde eine gute Ausgangsposition erarbeitet. Nach der 0:3-Pleite zum Auftakt gegen Titelverteidiger Brasilien folgten vier Siege – darunter die bemerkenswerten Erfolge gegen Vizeweltmeister Kuba (3:0) und Finnland (3:1). Im Duell gegen die von über 3000 Fans lautstark unterstützten Finnen wurde der deutsche Mentalitätswandel am deutlichsten. Beim Satz-Zwischenstand von 1:1 wurde Georg Grozer zum Satzball beim engen Zwischenstand von 25:24 eingewechselt – und entschied den Durchgang und damit letztendlich das Spiel mit einem krachenden Ass. „Ich habe einfach Ass oder Arschloch gespielt. Ohne Risiko gewinnst du in dem Sport nichts“, sagte Grozer danach.

Im Trainingslager hingen überall Medaillen

Es wirkt so, als habe die früher in entscheidenden Momenten oft ängstliche deutsche Mannschaft diese Botschaft verinnerlicht. Heynen hat in der Vorbereitung aber auch alles dafür getan. Im Trainingslager in Kienbaum hängte er überall Medaillen auf. Jede Einheit begann so mit dem Blick auf die Medaillen. Und als die Spieler nach den Übungen in die Umkleidekabine zurückkehrten, hingen auch dort Medaillen. Überall wurden die Profis von den Plaketten verfolgt, bis zum Schlafengehen. Heynen ist überzeugt, dass Teams nur große Siege feiern können, wenn sie von sich überzeugt sind: „Es gibt viele Mannschaften, die die Kraft und Technik zum Siegen haben, aber nicht daran glauben, dass sie es schaffen können.“

Auch wenn in der zweiten Runde mit China (Mittwoch), dem Olympiavierten Bulgarien (Donnerstag), Olympiasieger Russland (Samstag) und Kanada (Sonntag) vier starke Teams warten, glaubt das Team an den Einzug in die dritte Runde der letzten sechs. Dafür ist mindestens Platz drei nötig, genau der Platz, den Deutschland (6 Punkte) dank seiner mitgenommenen Zähler aus Runde eins derzeit hinter den Volleyball-Großmächten Brasilien (9) und Russland (8) belegt.

„Dort, wo diese beiden Teams sind, wollen wir hin. Ich finde es perfekt, dass wir hier so offen eine Medaille als Ziel ausgeben“, sagt auch Verbandschef Thomas Krohne. „Wir können doch nicht sagen, dass wir Neunter werden sollen.“

Von Lars Becker

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