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WM-Kader: Nominierung im Techno-Sound

Der Deutsche Fußball-Bund hat diesmal ungewohnte Wege beschritten. Zu dröhnender Techno-Musik wurden die Nominierten mit ihren schönsten und aufregendsten Spielszenen einzeln vorgestellt.

Berlin - Lieblos gestapelt lehnen die lebensgroßen Pappfiguren der Aussortierten in einem zugigen weiß gekachelten Flur. Jemand hat die Namensschilder der von Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht für den WM-Kader nominierten Nationalspieler achtlos auf den Boden geworfen: Manuel Friedrich, Patrick Owomoyela, Fabian Ernst, Paul Freier und Kevin Kuranyi. Oben in der Mercedes-Welt in Berlin strahlen 22 mannshohe Porträts des Klinsmann-Teams im gleißenden Licht der Scheinwerfer und Kameras. Nur einer fehlt: Für David Odonkors Pappfigur hat die Zeit nicht gereicht, zu plötzlich kam die Nominierung am Montag.

Als dann Jürgen Klinsmann in der Pressekonferenz über den «ganz lieben feinen Kerl» von Borussia Dortmund spricht, gleitet zum ersten Mal ein leichtes, fast zaghaftes Lächeln in das Gesicht des Bundestrainers. Bis dahin wirkt er tief ernst, wie ganz in sich gekehrt. Keine Spur mehr von dem jungenhaften und draufgängerischen Jürgen Klinsmann ist an ihm zu erkennen. Die Last seiner Entscheidungen beschwert ihn sichtbar ganz persönlich. «Das tut innerlich sehr weh, und es ist immer am schwersten in jedem einzelnen Telefonat, vor dem wir Trainer Bammel haben», sagt er.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat diesmal ungewohnte Wege beschritten. Manager Oliver Bierhoff kündigt noch vor dem Verteilen der Spielerliste einen Film an. Zu dröhnender Techno-Musik werden die Nominierten mit ihren schönsten und aufregendsten Spielszenen einzeln vorgestellt. Auch im Publikum, gut 200 deutsche und internationale Pressevertreter, entsteht Gänsehaut-Atmosphäre. Im leichten Wind in der riesigen Halle des Automobilkonzerns wehen neben 20 Meter hohen Palmen die Flaggen der 32 WM-Teilnehmer.

Erste Gerüchte um die Absage an Kevin Kuranyi waren schon durchgesickert, im Film taucht der Stürmer tatsächlich nicht auf. Ein Raunen, als David Odonkor auf der Leinwand einen seiner Flügelläufe startet. Jetzt blickt Jürgen Klinsmann zum ersten Mal hoch und zeigt sein Lächeln. Dieser Coup ist ihm gelungen.

Alle, auch die an diesem Tag der Entscheidung schweigsamen Mitglieder des Trainerteams auf dem Podium, wie Torwart-Trainer Andreas und Co-Trainer Joachim Löw, verbreiten jetzt Entschlossenheit. «Hier werden wir am 5. Juni in der Hauptstadt aufschlagen, wo wir träumen, am 9. Juli das Endspiel zu bestreiten und Weltmeister zu werden», sagt Bierhoff. Klinsmann erneuert seine frühe Zielsetzung: «Wir stehen voll hinter dem Ziel, Weltmeister zu werden und lassen uns davon leiten.» (Von Hans-Rüdiger Bein, dpa)

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