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Unerreicht: Krake Paul während der WM 2010 in seinem Becken in Oberhausen.

© PATRIK STOLLARZ/AFP

WM-Orakel: Rabiots Tod stürzt Japan ins Unglück

Keiner konnte es so wie Krake Paul: Das tierische Orakel tippte alle Deutschland-Spiele bei der WM 2010 richtig. Oktopus Rabiot trat jetzt sein Erbe an – das tragisch endete.

Als Krake Paul während der Weltmeisterschaft in Südafrika den Final-Sieg der Spanier vorhersagte, waren 200 Journalisten live dabei. Der Oktopus hatte zuvor schon alle Deutschland-Spiele richtig getippt und auch beim letzten Spiel sollte er richtig liegen. Drei Monate später starb Paul. Seitdem versuchen alle möglichen Tiere, sein Erbe anzutreten.

Pferde, Gürteltiere, Nasenbären – die Liste der proklamierten Nachfolger ist lang, über tausend stehen mittlerweile darauf. Aber obwohl das ein oder andere tierische Orakel durchaus Potenzial hat – die Elefantendame Nelly aus dem Tierpark Hodenhagen etwa kommt auf eine stolze Trefferquote von 87,5 Prozent – kam keiner von ihnen auf die makellose Bilanz von Paul heran. So gut sie auch starteten, so viele Spiele sie richtig vorhersagten, irgendwann kam immer der Moment der ersten falsch getippten Partie. Bei der WM in Russland sollte es wieder einmal soweit sein. Ein Artgenosse von Paul machte sich daran, sein Erbe anzutreten. Doch kurz vor dem Achtelfinale wurde er getötet.

Dabei begann alles so verheißungsvoll: Rabiot gleitet langsam ins Wasser. Seine roten Arme ertasten vorsichtig die Umgebung. Dann entscheidet er sich: Mit kraftvollen Zügen schwimmt er zu dem grünen Kasten mit der japanischen Flagge. Für ihn ist klar: Japan wird gegen Kolumbien gewinnen.

Rabiot war so verlässlich

Drei Mal sollte Rabiot das Ergebnis der japanischen Nationalmannschaft vorhersagen, drei Mal lag er richtig. Der Oktopus, der nur durch seinen Namen an den französischen Fußballer erinnert, war ein verlässliches WM-Orakel. Die japanische Version von Krake Paul. Der Fischer Kimio Abe hatte Rabiot gefangen und seinen Fußballsachverstand sofort erkannt.

Vor jedem Gruppenspiel der Japaner warf Abe ihn in einen großen, blauen Pool mit drei Fresskörben. Jeder stand für einen möglichen Ausgang: Sieg, Niederlage oder Unentschieden. Vor dem Viertelfinale gegen Belgien dann der Schock. Der blaue Pool blieb leer. Rabiot baumelte an einem Haken auf dem Fischermarkt von Hokkaido, die Tentakeln hingen leblos in Richtung Erde. Abe kannte keine Gnade, er musste an sein Geschäft denken.

Einen Tag später, im 7000 Kilometer entfernten Rostow, setzt Kevin De Bruyne in der 95. Minute zu einem letzten Sprint an. 0:2 hatte seine Mannschaft gegen Japan zurückgelegen.

Jetzt stand es 2:2 und Belgien war noch nicht fertig. De Bruyne treibt den Ball nach vorne, passt perfekt in den Lauf zu Thomas Meunier. Flache Hereingabe, Lukaku lässt durch, Chadli zeigt keine Gnade und erlegt Japan. 3:2. Kurz darauf pfeift der Schiedsrichter ab. Die Spieler in den blauen Trikots gehen zu Boden. Es ist das grausame Ende eines Turniers. Der Tod von Rabiot, ein Gleichnis für das bittere WM-Aus der Japaner. Dass es seinem vermeintlichen Nachfolger so ergehen würde, hätte wohl nicht einmal Krake Paul vorhergesagt.

Raphael Weiss

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