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Sport: Wo die Lichter ausgehen

Biathlon-Fans müssen bei der WM leidensfähig sein

Ein Fan hat niemals Ruhetag. Es ist kurz nach neun Uhr morgens, der Wind fegt über die Rennsteig-Arena von Oberhof. Kleine Räumfahrzeuge beseitigen im Stadion der Biathlon-Weltmeisterschaft den Neuschnee, ein einsamer Biathlet dreht eine Runde. Reinhilde zückt ihre Kamera. Die 41-Jährige wird am Ruhetag der Biathlon-WM noch stundenlang am Stadion herumlaufen. Die Thüringerin sagt: „Selbst wenn man zehn Stunden umsonst da ist, gibt es dann einen Moment, der nur einem selbst gehört.“ Etwa einen Plausch mit einem Athleten.

1700 Einwohner hat Oberhof, 25 000 Sportverrückte kamen bislang täglich zu den Rennen. An der Strecke machen sie so viel Krach, dass Athleten über schmerzende Ohren jammern und Trainer Informationen für ihre Biathleten aufmalen müssen – weil sie sich anders nicht verständigen können. Reinhilde steht bei den Rennen immer an der Strecke, „wo die Athleten ganz dicht vorbeikommen“. Der 13-jährige Jonathan und seine Mutter ergatterten keinen der begehrten Plätze. Die Lübecker standen beim Sprint der Frauen hilflos im Wald. Die Stimme des Stadionsprechers war nicht zu verstehen. Von Martina Glagows Bronzemedaille erfuhren die beiden auf dem Rückweg im Stadion.

Gewöhnungsbedürftig war nicht nur für Mutter und Sohn die Fahrt ins Quartier. Die Busfahrer, die die Fans die sechs Kilometer zum einsam gelegenen Bahnhof chauffieren, kassieren von jedem der 50 Fahrgäste umständlich 75 Cent. Mehr als einmal war der Zug längst abgefahren. Wartezeit auf den nächsten: 75 Minuten bis mehrere Stunden. In der Bahnhofskneipe gehen just, als der Bus vorfährt, die Lichter aus. Immerhin gibt es Bier, verkauft wird es durch die Seitentür eines Kiosks. Die Fans trinken und singen: „Wir haben Gold, und wir haben Ricco Groß.“ Bis mal wieder ein Zug vorbeikommt.

Helen Ruwald

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