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Wolfgang Sidka.

© REUTERS

Wolfgang Sidka: "Die kriegen das hin"

Wolfgang Sidka ist seit August Nationaltrainer im Irak. Mit dem Tagesspiegel spricht der frühere Hertha-Profi über die Vergabe der WM 2022 an Katar.

Herr Sidka, Deutschland ist ein wenig erschüttert, dass Katar die WM 2022 ausrichten darf. Was sagen Sie dazu?

Natürlich hat sich Katar als kleines Land da viel vorgenommen. Aber ich bin mir sicher, dass die Katarer das gebacken kriegen. Sie werden alles in Bewegung setzen, schon um der Welt zu zeigen, dass sie es können, und um nicht den geringsten Anlass zur Kritik zu geben. Als ich in Doha den Erstligisten Al Gharafa trainiert habe, fanden da zur gleichen Zeit die Asienspiele statt. Die waren perfekt organisiert. Bei der WM wird es genauso sein.

Hätten Sie es für möglich gehalten, dass Katar die WM bekommt?

Sagen wir so: Ich habe es nicht für unmöglich gehalten. Die Berichte über Katars Bewerbung sind ja hier im Fernsehen rauf und runter gelaufen. Natürlich ist das eine politisch-strategische Entscheidung: die erste WM im arabischen Raum. Aber Südafrika war genauso eine strategische Entscheidung. Oder Japan und Südkorea.

Wo haben Sie von der Entscheidung der Fifa erfahren?

Im Stadion in Aden. Ich bin gerade mit meiner Mannschaft beim Golf-Cup im Jemen. Am Donnerstag haben wir das Halbfinale gegen Kuwait im Elfmeterschießen verloren. Einer unserer Spieler lief gerade an, da gab es einen Aufschrei der Menschenmasse. Zuerst habe ich gedacht: Das ist aber toll, dass die unseren Schützen so bejubeln. In Wirklichkeit haben sie von der Entscheidung der Fifa erfahren.

Sie arbeiten, mit Unterbrechungen, seit zehn Jahren im arabischen Raum. Wie hat sich der Fußball verändert?

Er hat Riesenfortschritte gemacht. Das Niveau ist höher, die Nachwuchsausbildung hat sich verbessert. Inzwischen arbeiten auch viele gute Trainer hier. Und die Begeisterung ist riesig. Sind Sie mal bei einem Funktionär im Büro gewesen? Da läuft den ganzen Tag über Satellit irgendein Spiel aus England, Spanien oder Italien im Fernsehen. Über den internationalen Fußball sind die bestens informiert. Trotzdem sehe ich ein großes Problem.

Nämlich?

Wie wollen die bei der WM die Stadien vollkriegen? Der Fußball braucht doch Zuschauer, Fans und Begeisterung. In Katar leben eine Million Menschen, die Hauptstadt Doha ist im Prinzip nur so groß …

… wie Bremen …

… genau, wie Bremen. Und die Spiele finden dann sozusagen in Achim und Delmenhorst statt. Da bin ich mal gespannt.

Wie sieht es mit der Hitze aus?

Im Sommer kann man in Katar keinen Fußball spielen. Aber die Stadien sollen ja klimatisiert werden. Das kriegen die Katarer hin. Die entsprechenden Architekten haben sie sich schon eingekauft.

Aber die Mannschaften müssen auch irgendwo trainieren. Wie soll das gehen?

Das weiß ich nicht. Beim Golf-Cup haben wir im Stadion trainiert, da gab es feste Zeiten. Die eine Mannschaft durfte von drei bis halb fünf auf den Platz, die nächste von fünf bis halb sieben. So ging das dann bis elf Uhr. Ich bin früher mit meiner Mannschaft im Sommer immer ins Trainingslager nach Deutschland geflogen und erst im September nach Katar zurückgekommen. Dann musste man noch zwei Wochen durchhalten, bis es einigermaßen erträglich war. Zumindest am Abend.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

Wolfgang Sidka, 56, ist seit August Nationaltrainer im Irak. Der frühere Profi von Hertha BSC hat in Katars Hauptstadt Doha zwei Erstligisten trainiert: Al Arabi (2003-05) und Al Gharafa (2006/07).

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