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Den Kopf verloren. Edin Dzeko kann einfach nicht glauben, dass seine Wolfsburger die 3:0-Führung gegen Mainz noch aus der Hand geben.

© dpa

Wolfsburg - Mainz: Kollektiv schlägt Stars

Wolfsburg ist geschockt und versucht, die 3:4-Pleite gegen Mainz zu verstehen. Der Druck auf den Wolfsburger Trainer McLaren nimmt zu.

Von Christian Otto

Das ratloseste Gesicht hatte eindeutig Steve McClaren zu bieten. Wütend und frustriert war der neue Trainer des VfL Wolfsburg in eine Kabine geeilt, in der recht deutliche Worte fielen. „Ich habe niemals zuvor einen so dramatischen Qualitätsverlust gesehen“, sagte der wütende McClaren, dessen Debüt in der Fußball- Bundesliga mit zwei Niederlagen als missglückt bezeichnet werden muss. Im Heimspiel gegen freche Mainzer verschenkte seine Mannschaft eine 3:0-Führung und musste sich überraschend noch 3:4 geschlagen geben. „Was nach unserem 3:0 passiert ist, verstehe ich nicht“, sagte Wolfsburgs neuer Star Diego, der die Niederlage nicht verhindern konnte.

Das Entsetzen der nur 26 161 Zuschauer im Wolfsburger Stadion war groß. Wie es dazu kommen konnte, dass die schnellen Tore von Edin Dzeko und Neuzugang Diego der sündhaft teuren Wolfsburger Mannschaft keine Stabilität verleihen konnten, muss sich vor allem die Hintermannschaft des VfL fragen. Denn was der Italiener Andrea Barzagli und der Däne Simon Kjær zu bieten hatten, war alles andere als überzeugend.

„Wir werden unserem Trainer jetzt genau zuhören müssen“, sagte Diego, der nach seinem Wechsel für 15 Millionen Euro von Juventus Turin einen starken Eindruck hinterließ. Der Brasilianer bekam wie Dzeko zunächst viel Beifall von den Rängen und scheint mit dem bosnischen Torjäger sehr gut zu harmonieren. Aber Diego muss sich nach seinem erst am Freitag beschlossenen Comeback in der Bundesliga auch den Vorwurf gefallen lassen, dass er der völlig verunsicherten Mannschaft in der Schlussphase keinen Halt mehr geben konnte.

Es war verblüffend, wie der von taktischen Winkelzügen und cleveren Spielsystemen beseelte McClaren im eigenen Stadion schlichtweg vorgeführt wurde. „Wolfsburg hat individuelle Klasse. Aber wir haben hier wie eine Mannschaft gespielt“, sagte der Mainzer Manager Christian Heidel. Der Sieg des Mainzer Kollektivs gegen ein Wolfsburger Starensemble war am Ende nicht einmal unverdient. Den Toren von Morten Rasmussen, Elkin Soto und Andre Schürrle ließ der eingewechselte Adam Szalai fünf Minuten vor dem Spielende den Siegtreffer für die Gäste folgen. „Wir waren nicht hier, um Diego zu feiern“, sagte der Stürmer aus Ungarn, der seinen immerhin zwölf Millionen Euro teuren Gegenspieler Kjær beim 4:3 der Lächerlichkeit preisgab. Die Aufholjagd der Mainzer war von Erfolg gekrönt, weil sie im Duell mit ihren prominenten Kontrahenten immer die Ruhe bewahrt hatten. Und der Mainzer Trainer Thomas Tuchel hatte in Schürrle und Szalia zwei Torschützen eingewechselt, während die Wolfsburger in der Schlussphase immer ideen- und harmloser anrannten.

Für Wolfsburgs Trainer McClaren, dem dank der Finanzkraft des Klubs nahezu alle Wünsche erfüllt werden, nimmt der Druck jetzt schon deutlich zu. Aus dem erhofften Spektakel im ersten Heimspiel wurde eine Pleite, die die Freude über die schönen Tricks von Diego überlagerte. „Es gab in diesem Spiel wundervolle und traurige Momente“, sagte der Dribbelkünstler, der sich und seiner Familie eine immerhin rund 50 000 Euro teure VIP-Loge gegönnt hat. Dort fieberte im niedersächsischen Nieselregen unter anderem seine Frau mit. Aber direkt vor der Loge setzte in frecher Weise der Mainzer Reservist Szalai zu einer Jubelarie kurz vor dem Abpfiff an, die Diego und den Wolfsburgern viel Spott bescherte. Wolfsburgs Manager Dieter Hoeneß, wirkte nach der Partie sichtlich geschockt und musste sich erstmal sammeln.

In Abwesenheit des bisherigen Spielmachers Zvjezdan Misimovic, der nach dem Diego-Transfer nicht einmal mehr in den Kader für die Partie gegen Mainz berufen worden war und wohl zu Galatasaray Istanbul wechselt, muss noch ein neuer Kopf für das Multikulti-Team gefunden werden. Als neuer Kapitän macht Dzeko in der Offensive einen gewohnt sehr guten Job. In der Abwehr aber wurde Nationalspieler Arne Friedrich, der nach seinem Wechsel von Hertha BSC zu den Wolfsburgern an der Bandscheibe operiert worden ist und mindestens zwei Monate lang ausfällt, schmerzlich vermisst.

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