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Wolfsburg - Mainz: Schweigen unter der Dusche

Mainz trotzt Meister Wolfsburg ein 3:3 ab – und kann sich kaum darüber freuen.

Von Christian Otto

Normalerweise zeigen Fußballer, die gerade ein wichtiges Tor geschossen haben, ein breites und zufriedenes Grinsen. Als Tim Hoogland am Samstag über seinen Treffer zum 3:3 (2:2) beim VfL Wolfsburg referierte, hinterließ der Kapitän des FSV Mainz 05 aber einen furchtbar ernsten Eindruck. „Wir hätten hier sogar als Sieger von Platz gehen können“, sagte Hoogland. Und hatte bei seiner freudlosen Analyse sogar recht. Die Mainzer hatten bei ihrem Remis gegen den Deutschen Meister nicht nur zweimal einen Rückstand aufgeholt, sondern auch noch spielerisch überzeugt. Hoogland sicherte mit seinem Treffer in der 85. Minute einen Punktgewinn, der den Mainzern vielleicht erst mit ein wenig Abstand zu ihrem frechen Auftritt so richtig gefallen wird.

Um zu dokumentieren, was von diesem Remis nach einer wechselhaften Begegnung zu halten sei, gewährte Thomas Tuchel tiefe Einblicke in das Innenleben seiner Mannschaft. „Unter der Dusche wurde bei uns nicht gesungen“, berichtete der Trainer der Mainzer. Dass es nicht zu Freudentänzen reichte, obwohl man soeben einem favorisierten Gegner ein Pfeifkonzert der eigenen Fans beschert hatte, lag an einem höchst ungewöhnlichen Spielverlauf. Nach 20 Minuten und zwei schnellen Treffern von Obafemi Martins sah es nach einem ganz gewöhnlichen Heimsieg der Wolfsburger aus. Auf den zwischenzeitlichen Ausgleich ihrer aufmüpfigen Gäste durch Chadli Amri und Andreas Ivanschitz hatte der VfL nach der Pause noch einmal einen Führungstreffer durch seinen Spielmacher Zvjezdan Misimovic folgen lassen. Doch das 3:3 durch Hoogland, der eine weite Flanke gar nicht richtig erwischt hatte und den Ball merkwürdig hoppelnd über die Linie beförderte, kam wie eine Quittung für ein Spiel daher, in dem die Mainzer insgesamt einfach mehr Spielfreude und gute Ideen gezeigt hatten.

Die Unzufriedenheit der Wolfsburger Fans, von der VfL-Trainer Armin Veh nur wenig mitbekommen haben wollte, muss als dickes Lob für den Auftritt der Mainzer gewertet werden. Mit dem überragenden Österreicher Ivanschitz in der Offensive hatte Mainz einen schönen Angriff nach dem anderen gezeigt. „Die Art und Weise, mit der wir hier gespielt haben, macht Mut und Spaß“, sagte 05-Trainer Tuchel. Sein Schachzug, nach der Halbzeit mit Bo Svensson einen dritten Innenverteidiger und zugleich mit Andre Schürrle einen zweiten Stürmer eingewechselt zu haben, war das richtige Konzept gegen eine Wolfsburger Mannschaft, deren Stärken im Spielaufbau im Moment nur noch selten zu bestaunen sind.

28 309 Zuschauer bilden keine atemberaubende Kulisse – und doch waren die Pfiffe nach der Partie so laut, dass die Spieler des VfL sich bemüßigt sahen, sich bei ihren Fans zu entschuldigen. „Ich kann es verstehen, dass die Zuschauer sauer sind“, sagte Misimovic. Der Bosnier tröstete sich damit, dass die aus seiner Sicht ernst zu nehmende Konkurrenz in der oberen Hälfte der Tabelle an diesem Spieltag auch Punkte verloren hat. Dass es den Wolfsburgern nicht gelang, die frechen und punktgleichen Mainzer abzuschütteln, machte ihren Trainer aber verdächtig wortkarg. „Ich kann das auch nicht erklären“, sagte der grimmige Veh und wirkte fast ein wenig ratlos.

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