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Ihr Spielerlein kommet... Nach Herzenslust und mit viel Geld baut Felix Magath den Wolfsburger Kader um.

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Wolfsburgs Chefeinkäufer: Magath schweigt und kauft und grinst

Schon wieder sieben Neuzugänge beim VfL Wolfsburg: Die Bundesliga rätselt einmal mehr, welche Strategie Trainer Felix Magath verfolgt.

Von Christian Otto

Hoffentlich gibt es beim Verteilen der Bordkarten keinen Streit. Bis zu 40 Angestellte, so hat es Felix Magath vor dem Abflug ins Trainingslager nach Dubai vorgerechnet, können am Samstag die erste große Dienstreise des VfL Wolfsburg im neuen Jahr mit antreten. Wer dazu gehört, wird erst kurz vorher verraten. Deshalb bleibt es selbst für einen erfahrenen Zeugwart wie Heribert Rüttger eine Herausforderung, alle Wünsche zu erfüllen. Allein in der ersten Woche der winterlichen Transferfrist sind sieben neue Profis aus aller Welt verpflichtet worden, die nach einem eigenen Trikot mit aufgedrucktem Namen, beschrifteten Badelatschen und natürlich nach einem Flugticket verlangen. In Rüttgers kleinem Dienstzimmer, in dem er sich noch in Handarbeit um das Beschriften der Arbeitskleidung kümmert, wird mit Hochdruck an der nächsten Formation des VfL Wolfsburg gearbeitet.

Das Tempo und die Wucht, mit der Magath immer wieder seine jeweiligen Teams umkrempelt, bleiben elementare Konstanten. Im Sommer hatte der Trainer-Routinier, der in Wolfsburg auch als Manager und Geschäftsführer angestellt ist, mit zwölf neuen Profis und vier Eigengewächsen versucht, seinem Team ein neues Gesicht zu geben. Weil der erhoffte Erfolg bisher ausgeblieben ist, sind jetzt die Herren Petr Jiracek (Pilsen), Slobodan Medojevic (Novi Sad), Ferhan Hansani (Tetovo), Vieirinha (Thessaloniki), Giovanni Sio (Sion), Felipe Lopez (Nacional Funchal) und Ibrahim Sissoko (Coimbra) angeheuert worden. Die Frage, ob diesen Profis mit einem Marktwert von rund 20 Millionen Euro weitere Zugänge folgen, kann nur einer beantworten. Der heißt Magath und schweigt und kauft und grinst.

Wenn Häme und Spott ins Spiel kommen, weil die vom Volkswagen-Konzern bezahlten Niedersachsen wieder einmal mehr Geld als andere Klubs ausgeben, bleibt Magath als Meister der Transfers und Personalrochaden erstaunlich gelassen. An Stammtischen und in Expertenrunden wird seit Monaten gleichermaßen gegrübelt, welche Strategie der 58-Jährige bei seinem zweiten Engagement für den Autobauer-Verein verfolgt. Auf dem Weg zur Wolfsburger Meisterschaft im Sommer 2009 waren seine Einkaufspolitik und seine Auswahlverfahren auch schon belächelt worden. Als das Sturmduo Edin Dzeko und Grafite aber mit seinen Toren den Titel möglich gemacht hatte, mussten alle Zweifler Abbitte leisten.

Der aktuelle Umbau beim VfL, der im Vorjahr um ein Haar abgestiegen wäre, kostet mehr Geld und Mühe, als es Magath zunächst kalkuliert hatte. Doch der Alleinentscheider genießt in Wolfsburg erneut alle Freiheiten. „Das ist der Weg, den wir gehen wollen“, sagt VW-Chef Martin Winterkorn. Er meint offenbar den jeweiligen Kurs, den Magath einschlägt. Nach Routiniers, die im Sommer noch kurzfristig helfen sollten, setzt er in diesem Winter eher auf sogenannte Perspektivspieler, die dem in der Tabelle tief abgerutschten VfL Wolfsburg vor allem auf lange Sicht helfen könnten.

Wie es dazu kommen konnte, dass Magath in den vergangenen viereinhalb Jahren im Auftrag von Schalke 04 und des VfL Wolfsburg rund 80 Spieler verpflichtet hat, bleibt ein großes Rätsel. Wie sichtet man bloß all diese Kicker? Wie findet man heraus, ob ihr Ballgefühl ausgeprägter als ihr Harmoniebedürfnis ist? Wie spricht man mit den vielen Arbeitnehmern, die Magath angesichts seines sprunghaften Einkaufverhaltens nicht mehr benötigt hat?

Der Däne Thomas Kahlenberg, den die Wolfsburger an den FC Evian Gaillard ausleihen, und Tolga Cigerci, der auch auf Leihbasis zu Borussia Mönchengladbach gewechselt ist, haben kurz vor ihrem Abschied einen glücklichen Eindruck gemacht. Beiden war zu entnehmen, dass sie einfach nur froh sind, wieder eine realistische Chance auf Fußballspielen zu haben. Für ihre in Wolfsburg verbliebenen Kollegen beginnt unterdessen ein Kampf um Bordkarten und Stammplätze, der härter kaum sein könnte. Es muss auch an der Finanzkraft des VfL Wolfsburg liegen, dass sich immer wieder Berufsfußballer finden, die an den Castings des Felix Magath teilnehmen möchten.

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