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WRITERS  Corner: Coffee to wait

Man unterschätzt ja gerne, wo man in London die wahren Abenteuer erlebt. Im Haupt-Pressezentrum ist es beim Kauf eines Bechers Kaffee.

Man unterschätzt ja gerne, wo man in London die wahren Abenteuer erlebt. Im Haupt-Pressezentrum ist es beim Kauf eines Bechers Kaffee. Für den Kaffeeverkauf sind an einer Theke immer drei Volunteers verantwortlich. Einer kassiert, einer bedient die Kaffeemaschine, einer fragt, welche Art von Kaffee man möchte.

Das Abenteuer begann mit einer Sensation. Außer mir wollte für einen kurzen Zeitraum niemand etwas bestellen. Es gab keine Warteschlange. Aber es gab Paul. Er nahm die Bestellungen entgegen. Dass er Paul hieß, erfuhr ich allerdings erst später, er hatte mir erst mal den Rücken zugedreht und schälte umständlich einen Berg Kaffeebecher aus einer Plastikverpackung. Sie waren verdammt gut verschweißt, die Becher, und Paul war nicht der Geschickteste. Paul ignorierte alle Bestellungen, die Becher forderten gerade seine ganze Konzentration.

Also wandte ich mich an Cathy. Cathy bediente den Kaffeeautomaten, ich konnte auf ihrer Akkreditierung ihren Namen sehen. Cathy winkte freundlich ab, Bestellungen nehme „Paul“ entgegen. So wusste ich, dass der Rücken vor mir Paul gehört. Hinter mir hatten sich inzwischen drei Kollegen gruppiert. Einer kam aus Schweden, er redete sehr deutlich mit Paul. Ich dankte ihm mit warmem Blick, dann sagte ich Paul meinen Wunsch. Paul nickte. Cathy hätte jetzt den Knopf der Kaffeemaschine drücken können. Aber Cathy sagte unwirsch, dass sie jetzt dringend den Boden wischen müsse. Sie zeigte dabei demonstrativ auf ihren Wischmob. Die Schlange war auf sieben Personen angewachsen. Nun schaltete sich ein Kasache ein, man kann die Nationalität an der Akkreditierung erkennen. Der Kasache wurde noch deutlicher als der Schwede. Cathy drückte den Knopf.

Ich stellte mich nun an die Kasse und wollte bezahlen. An der Kasse stand Volunteer Peter. Aber Peter führte mit seinem Handy gerade ein wichtiges Telefonat. Er hätte mit einer Hand auf die Kasse tippen können, aber Peter zuckte nur mit den Schultern und signalisierte nur: Just a moment, please. Die Schlange war auf 15 Menschen angeschwollen.

Nun wurde der Schwede sehr böse. Und sehr laut. Und sehr deutlich. Und ich konnte endlich abziehen. „Have a nice day“, rief Peter mir hinterher.

In unserer Kolumne wechseln sich die Korrespondenten Friedhard Teuffel und Frank Bachner mit dem britischen Autor Roger Boyes und der deutschen Hockeyspielerin Natascha Keller ab.

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