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Mit dem Herzen dabei. Der Stürmer Raul Bobadilla spielte überragend gegen Wolfsburg und erzielte ein Tor beim 4:1. Foto: dpa

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Sport: Wundersame Wandlung

Die Leistungsexplosion von Raul Bobadilla kann selbst sein Trainer Lucien Favre nicht erklären

Lucien Favre dachte noch einmal angestrengt nach. Aber, nein, da war nichts. Kein Einzelgespräch mit Raul Bobadilla, keine spezielle Videoschulung. Doch das machte es nur noch mysteriöser. „Er hat heute alle überrascht“, sagte der Trainer von Borussia Mönchengladbach. „Mich inbegriffen.“ Eine Woche zuvor hatte Bobadilla zum ersten Mal unter Favre von Beginn an gespielt, es war ein allenfalls durchschnittlicher Auftritt des Stürmers aus Argentinien gewesen, zu dem der Trainer nur gesagt hatte, dass Bobadilla noch viel lernen müsse. Ob er das denn nun getan habe, wurde Favre nach dem 4:1 gegen Wolfsburg am Freitagabend gefragt. „In einer Woche? Das denke ich nicht.“

So viel Bobadilla in anderthalb Jahren netto bei den Gladbachern falsch gemacht hat, so viel machte er gegen Wolfsburg richtig. Der Argentinier war bester Mann auf dem Feld. Bobadilla pflügte regelrecht durch die gegnerische Hälfte und zog die hilflosen Wolfsburger einfach hinter sich her. Ein Tor bereitete er vor, eins erzielte er selbst. „Ich bin wieder da“, sagte der 24-Jährige, der in der Rückrunde der Vorsaison an Aris Saloniki ausgeliehen war. „Ich versuche es besser zu machen – und keine Fehler mehr.“

An diesem Abend stand Bobadilla geradezu sinnbildlich für die Entwicklung, die die Gladbacher im letzten halben Jahr gemacht haben. Sein erstaunlich intelligenter Auftritt schien nach seiner Vorgeschichte genauso ein Ding der Unmöglichkeit zu sein wie der Aufschwung der Mannschaft insgesamt. Das 4:1 gegen Wolfsburg war bereits die 13. Begegnung hintereinander, in denen die Gladbacher nicht mehr als ein Gegentor kassierten. Selbst in der glorreichen Phase ihrer Vereinsgeschichte ist ihnen so etwas nicht gelungen.

„Wir haben einen Plan im Moment, den setzen wir gut um“, sagte Borussias Verteidiger Tony Jantschke. Solche Systemumstellungen benötigen eigentlich Zeit. Normal ist das jedenfalls nicht, was die Gladbacher unter Favre spielen. Normal ist, was gerade in Schalke passiert und beim 1. FC Köln, wo die Spieler erkennbar fremdeln mit den Ideen ihrer neuen Trainer. Selbst Favre hat bei Hertha BSC fast ein Jahr und eine Menge neuer Spieler gebraucht, bis seine Mannschaft einigermaßen textsicher war. In Mönchengladbach hingegen hat er den Umschwung fast ausschließlich mit den Spielern geschafft, die er seit seinem Amtsantritt hat. Gegen Wolfsburg stand mit Bobadilla nur ein neuer Spieler in der Startelf – und der fügte sich prächtig ins System.

Doch solche Spiele hat der bullige Stürmer auch früher schon gemacht – in jeder Saison genau eins: vor zwei Jahren beim 4:3 gegen Bremen (zwei Tore, zwei Vorlage) und in der vorigen Saison beim 4:0 gegen Köln (zwei Tore, eine Vorlage). Die spannende Frage wird also sein, ob er solche Leistungen inzwischen stabilisieren kann. Die Entstehung des Gladbacher Tores zum 1:1 war zumindest ein kleiner Hinweis. Bobadilla lief auf Wolfsburgs Torhüter Benaglio zu, doch anstatt selbst zu schießen, legte er den Ball auf Marco Reus ab, der nur noch einschieben musste. „Die Chance, dass ich treffe, ist höher gewesen, als wenn er es selbst gemacht hätte“, sagte Reus. Das stimmt. Doch genau das hätte Raul Bobadilla früher nicht interessiert.

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