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Sport: Wurzeln schlagen

Langsam, aber stetig wächst die Fangemeinde von Thunders Footballern – heute ist Rhein Fire zu Gast

Berlin - Sie ist in 14 Jahren schon fast eine bekannte Marke geworden und dennoch steckt nur noch wenig von dem drin, was draufsteht: Aus der NFL Europe ist eine NFL Germany geworden. Fünf der sechs Football-Teams sind aus Deutschland: Berlin Thunder, die Hamburg Sea Devils, die Cologne Centurions, Frankfurt Galaxy und Rhein Fire aus Düsseldorf. Dazu kommen die Amsterdam Admirals. Spätestens im übernächsten Jahr werden weitere deutsche Teams zur Liga gehören. In Leipzig waren die NFL-Vertreter ebenso vom Stadion angetan wie in Kaiserslautern, wo rundherum diverse Stützpunkte der US–Army ein hohes Interesse am Football sichern sollten. Doch die Liga hat ihre Fehler aus den ersten Jahren eingesehen und das Wachstumstempo oder wenigstens die Erwartungen daran gedrosselt.

Die NFL steckt geschätzte zwölf Millionen Euro in die Europaliga. NFL-Chef Paul Tagliabue, der am Montag seinen Rückzug bekannt gab und größter Förderer der Liga ist, sagt, dass es richtig gewesen sei, sich auf Deutschland zu konzentrieren. Die Globalisierung der Sportart könne nicht im Handumdrehen vollzogen werden, dafür bedürfe es eines langen Atems. „So etwas dauert drei bis vier Dekaden.“ Die Bemühungen, Jugendliche in europäischen Ländern zum Football zu bringen, seien dabei der richtige Weg: „Für eine Globalisierung müssen wir mit unserer Sportart Wurzeln in den betreffenden Ländern schlagen.“

Auch in Berlin ging das Wurzelschlagen seit dem Ligaeintritt 1999 mühsam. Thunder gehört mit vier Finalteilnahmen und drei Titeln in den vergangenen fünf Jahren zu den arrivierten Teams und hat sich mit dem starken ersten Auftritt bei Titelverteidiger Amsterdam zum Favoriten gemacht. Dennoch wächst die Fangemeinde langsam – aber immerhin stetig. Mit Rhein Fire kommt nun gleich der attraktivste Gegner zum ersten Heimspiel ins Olympiastadion (Kick-Off 18 Uhr).

Für Thunders Cheftrainer Rick Lantz ist es ein Duell gegen seinen Schüler. Jim Tomsola hat zwei Jahre unter Lantz in Berlin als Abwehrkoordinator gearbeitet und ist nun neuer Headcoach in Düsseldorf. „Ich drücke Jim in jedem Spiel die Daumen – aber natürlich nicht in diesem“, sagt Lantz. Rhein Fire ist wie Thunder mit einem Sieg in die Saison gestartet. Düsseldorf tat sich daheim gegen Frankfurt jedoch schwerer als die Berliner in Amsterdam. Hinzu kommt die Last für Rhein Fire, das Finale am 27. Mai im eigenen Stadion zu haben.

Damit, dass die Saison wegen der Fußball-WM zwei Wochen früher begonnen hat und auch die Vorbereitung kürzer war, mussten aber beide Teams gleichermaßen klarkommen. Drei Wochen hat Lantz im Trainingslager Zeit gehabt, aus knapp 50 Spielern eine Einheit zu bilden. Wohl eine der schwersten Aufgaben im Sport. Dennoch wird die Liga nicht richtig ernst genommen. Sie ist weiterhin eine Spielwiese für Footballer, die es in der NFL noch nicht geschafft haben und Spielzeit brauchen. Die Qualität der Spieler, die geschickt werden, nimmt jedoch zu, so die einhellige Meinung.

Rekorde wie der von Werner Hippler werden jedoch die Ausnahme bleiben. Der 35-Jährige bestritt just sein 88. Ligaspiel. In einer Liga, in der jährlich das Personal wechselt, ein fast einzigartiges Ereignis. Und noch ein Rekord wurde in dieser Saison bereits gebrochen. In Hamburg haben die Sea Devils gegen Köln bei null Grad gespielt. Dies so zu interpretieren, dass die Stimmung in der Liga frostiger wird, wäre aber übertrieben.

Ingo Wolff

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