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Sport: Wut mit Verlängerung

3:2 in Koblenz: Hertha übersteht die erste Pokalrunde – Marcelinho und Hoeneß geraten aneinander

Endlich der Abpfiff. Nach quälenden 90 Minuten, nach einer überflüssigen Verlängerung mit teils dramatischen Szenen, in denen sich das seltsame Pokalschicksal der letzten Jahre für Hertha BSC zu wiederholen drohte. Doch die Berliner haben die erste Hauptrunde des DFB-Pokals glücklich überstanden, mit 3:2 (1:1, 1:0) nach 120 Minuten beim Regionalligisten TuS Koblenz gewonnen. Einige Betreuer springen erleichtert auf. Trainer Falko Götz ballt kurz die Faust, später wird er sagen: „Wir haben es uns traditionell schwer gemacht.“ Manager Dieter Hoeneß, dessen Gesicht gerötet ist, atmet einfach nur tief aus. Allein die Körpersprache Marcelinhos, sie will nicht so recht in dieses Bild der Erleichterung passen. Der brasilianische Mittelfeldspieler rennt im Tempo eines Sprinters in die Kabine. Der Manager hat ihn mit seiner Kritik an ihm während des Spiels so aufgebracht. Marcelinho wird an diesem Abend kein Interview geben.

Dabei hätte es ein idyllischer Abend werden können für die Hertha, im mit 14768 Zuschauern fast ausverkauften Stadion am Koblenzer Oberwerth war zu Beginn alles angerichtet. Da nämlich spielte der Bundesligist seine Überlegenheit aus; vor allem die Vorstöße des Kapitäns Arne Friedrich auf der rechten Seite überforderten den Regionalligisten. Nachdem Bastürk in der siebten Minute einen ersten Weitschuss auf das Tor abgefeuert hatte, eroberte sich Friedrich in der nachfolgenden Verwirrung den Ball, zog schnell aufs Tor und schoss aus zehn Metern flach zum 1:0 in das linke Eck. Der gute Koblenzer Keeper Michael Gurski war chancenlos. „Eigentlich lief alles optimal für uns“, fand Götz. Aber die Möglichkeit zur Vorentscheidung wurde vertan. Heraus kam nur ein Schuss Nando Rafaels aus zwölf Metern, der das Tor knapp verfehlte.

Nach 20 Minuten stellte aber Herthas Team auf Ruhezustand um. „Wir haben keinen Fußball mehr gespielt“, kritisierte Innenverteidiger Dick van Burik nach dem Abpfiff, „das macht mich stinksauer.“ Die Lässigkeit des Favoriten deutete sich an: Zunächst ließ Malik Fathi den Ball ins Aus trudeln. Dann wurden die Zweikämpfe nicht mehr ernst genommen. Irgendwann verlor Alexander Madlung den Ball und ermöglichte Koblenz einen Konter, den Guscinas aber nicht nutzte. Diese Szene war ein Wendepunkt; jedenfalls schöpfte der Außenseiter Mut und erarbeitete sich Chance um Chance: Zweimal scheiterte Anel Dzaka, der früher für Bayer Leverkusen spielte, mit Weitschüssen an Torhüter Gerhard Tremmel. Dann rannte Salif Keita allein aufs Tor zu, aber der Winkel geriet zu spitz. Ein abgefälschter Drehschuss des Litauers Guscinas nach einer Ecke klatschte an den Pfosten, aber Schiedsrichter Lutz Wagner aus Kriftel hatte ohnehin Abseits gepfiffen. Und kurz vor der Pause schoss Keita, der erneut von Dzaka geschickt worden war, aus vollem Lauf aus 15 Metern auf das Tor, und Tremmel hielt nur mit Mühe. Schon zur Pause befand sich der Favorit am Rande einer Blamage.

In der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild nicht. „Wir haben das Spiel kontrolliert“, sagte Götz. Doch nicht nur Dzakas Weitschuss hätte schon den verdienten Ausgleich bedeuten können. „Und ihr wollt unsere Hauptstadt sein?“, sangen die Koblenzer Fans in der gesamten zweiten Halbzeit. Dann, mit der letzten Aktion der regulären Spielzeit, wurde der Außenseiter doch noch belohnt: Ein abgefälschter Weitschuss des quirligen Salif Keita fliegt, noch leicht abgefälscht, in den linken Torwinkel, nicht haltbar für den besten Herthaner an diesem Abend, Torwart Gerhard Tremmel. Das Stadion tobte, Falko Götz vergrub sein Gesicht in seinen Händen – und Manager Hoeneß stürmte auf das Spielfeld und redete auf Marcelinho ein, der zuvor zwei Konterchancen ausgelassen hatte.

Doch alles Gerede half nichts: Nur acht Sekunden nach Wiederanpfiff hatte Keita nach Vorlage von Klingmann erneut getroffen, 2:1 für Koblenz. „Das war der richtige Weckruf zur richtigen Zeit“, sagte Götz. Tatsächlich: Nur zwei Minuten später stocherte Marcelinho den Ball ins Tor – und lief danach laut schimpfend auf Hoeneß zu, Zecke Neuendorf musste ihn zurückhalten. Nun drängte Hertha, und in der 102. Minute staubte Niko Kovac aus kurzer Distanz ab, nachdem Neuendorf noch hängen geblieben war. Es war die Entscheidung. Hertha BSC hatte das erneute Pokal-Aus auf sich zukommen sehen, war ihm aber noch einmal knapp entkommen. Aber auch über diesen Sieg, so drohte Götz sofort, „wird noch zu reden sein.“

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