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Sport: Zahmer Drache

China will beim America’s Cup erstmal nur lernen

Pierre Mas ist der gewichtigste Steuermann im America’s Cup. Und er ist der mit dem grimmigsten Blick. Bei der Pressekonferenz der Steuermänner vor zehn Tagen stand der Franzose auf der Bühne und schaute so, als er hätte nicht wenig Lust, ein paar Journalisten und Kollegen zu beißen. Dann sagte Mas auch noch: „Passt bloß auf! Wir werden niemals aufgeben.“ Dabei steuert der 49-Jährige das Boot des Schlusslichts China, das wie die Deutschen erstmals an der traditionsreichen Regatta teilnimmt. In drei Jahren hat das Team mit dem roten Drachen auf der gelben Yacht kein Rennen aus eigener Kraft gewonnen. Zu den beiden Rennen gestern gegen Neuseeland und Aréva (Frankreich) trat China nicht an. Grund war ein schwerwiegender Schaden am Kiel. Geschätzte Dauer der Reparatur: immerhin 72 Stunden.

Das deutsche Boot „Germany I“ unterlag der spanischen „Desafio Espanol“ mit 52 Sekunden, nachdem der dänische Skipper Jesper Bank in der Vorstartphase ein zu riskantes Manöver gesegelt und eine Zeit raubende Strafrunde kassiert hatte. Im zweiten Rennen am Abend durften die Deutschen aussetzen.

Bei den Chinesen ist man Niederlagen gewohnt. „Irgendwann werden wir mal gewinnen. Erstmal sind wir ja nur hier, um zu lernen“, verkündet Hubert Lemonnier. Er kommt aus La Rochelle an der französischen Atlantikküste, hat in Shanghai studiert und spricht fließend Mandarin, was ihn zu einem begehrten Kandidaten für das China-Team hat werden lassen. Denn eigentlich ist der chinesische Drache ein Franzose.

Chinas Teilnahme ist für die Regatta eine Revolution. Die Franzosen von Le Défi waren nach ihren Teilnahmen beim America’s Cup 2000 und 2003 auf der Suche nach neuen Sponsoren. Zufällig landete ein gewisser Chao Yong Wang im September 2004 in Marseille bei einer der ersten Vorregatten. Der 42-Jährige, ein ehemaliger Wallstreet-Broker, sah die Chancen, die der Cup für das Wirtschaftswunderland China bot. Auf der Pressekonferenz der Team-Besitzer sagte Wang, heute Präsident der Kampagne, selbstbewusst: „Wir haben eine lange Tradition im Segeln, die wir lange vernachlässigt haben. Mit unserem Team wollen wir sie wieder entdecken.“

Michelle Bonnefous war der Geburtshelfer für die Mission, China ins Cup-Boot zu holen. Vor einem Jahr organisierte der Direktor des America´s Cup ein TV-Spektakel in China. Er brachte zudem Yong mit Le Défi zusammen. Als vorletztes Team gab China seine Teilnahme am 32. America’s Cup im März 2005 bekannt. Trotz Wirtschaftsblüte hatte man aber Probleme, die nötigen Millionen zu sammeln. Ab September beginnen in der Hafenstadt Qingdao die Vorbereitungen für den nächsten America’s Cup.

Ein gravierendes Problem müsste dabei auch behoben werden: die Kommunikation. Kaum einer der Franzosen spricht Mandarin, und unter den Chinesen spricht nur einer der asiatischen Segler Französisch und Englisch.

Ingo Petz[Valencia]

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