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Sport: Zange und Spritze

Viele Pannen und ein ominöser Dopingfall beschäftigen die Biathleten vor dem WM-Start

Berlin (Tsp). Fehlende Türklinken an manchen Hotelzimmern, Farbkübel in den Gängen, braunes Wasser aus der Leitung – die BiathlonWeltmeisterschaften, die heute im westsibirischen Erdölzentrum Chanty Mansijsk beginnen, ist eine „WM der letzten Sekunde“. Diesen Begriff hat Janez Vodicar geprägt, der Sportdirektor der Internationalen Biathlon-Union. Bei ihm laufen die Beschwerden ein. Die deutsche Mannschaft hat Glück: in ihrem Hotel „Sieben Hügel“ ist das größte Problem die Hitze in den Zimmern, wo die Thermostate nicht funktionieren. Männer-Bundestrainer Frank Ullrich hat die Heizung nun mit einer Zange bearbeitet, um die Temperaturen zu senken.

Das Drumherum stimmte nicht, doch die sportlichen Bedingungen sind exzellent. Das Biathlon-Stadion für fast 20 000 Zuschauer ist neu gebaut worden. Hier wollen die deutschen Biathleten „vier Medaillen gewinnen“, sagt der Technische Leiter Norbert Baier. Das ist allerdings nur das Minimalziel, schließlich haben Kati Wilhelm, Uschi Disl, Martina Glagow, Katja Beer, Sven Fischer und Alexander Wolf in dieser Saison bereits Weltcupsiege errungen. Olympiasiegerin Wilhelm stand sogar dreimal ganz oben auf dem Podest, konnte sich einige Male allerdings nicht einmal unter den besten 30 platzieren. Wenn sie beim Schießen die Nerven behält, hat sie beim Sprint über 7,5 Kilometer heute (10.30 Uhr, ARD live) ebenso die Chance auf eine Medaille wie Martina Glagow.

Die 23-Jährige ist die Führende im Gesamtweltcup. „Den Gesamtsieg zu schaffen, wäre absolut traumhaft und für mich sogar mehr wert als eine WM-Medaille“, sagt Glagow. Doch eins schließt das andere nicht aus: die vier WM-Einzelrennen zählen zur Weltcupwertung. Ein Medaillenkandidat ist die deutsche Staffel, die bei Olympia in Salt Lake City zu Gold lief. Glagow liegt in der Gesamtwertung 14 Punkte vor der Zweiten, Albina Achatowa. Die Russin darf starten, obwohl sie nach dem Weltcup in Antholz im Januar des Dopings überführt worden war. Die Teamärztin hatte ihr nach deren Kreislaufkollaps das verbotene Mittel gespritzt. Die Russen gaben später als Rechtfertigung an, die Läuferin habe in Lebensgefahr geschwebt. Zwei Tage später bestritt sie wieder ein Rennen – und siegte. Das macht den Fall für viele ominös. Vom Weltverband gesperrt wurde nur die Ärztin. Für Norbert Baier ist es „ein Kniefall vor den Veranstaltern, der für mich nicht nachvollziehbar ist“.

Die Männer kämpfen mit ganz anderen Problemen: der eigenen Leistung. „Wir wollen die WM nicht ohne Medaille verlassen“, sagt Trainer Ullrich. Doch der bisherige Saisonverlauf war unbefriedigend, die Staffel, Olympiazweiter 2002, kam in diesem Winter kein einziges Mal unter die ersten drei. Ullrich und sein Kotrainer Fritz Fischer hatten das schwache Abschneiden stets mit der gezielten Vorbereitung auf die WM begründet – jetzt müssen Medaillen folgen. Am ehesten sind sie Sven Fischer zuzutrauen, der mit 111 Podestplätzen der erfolgreichste Biathlet der Welt ist, und Ricco Groß. Er ist als Vierter der bestplatzierte Deutsche in dieser Weltcup-Saison. Beide starten heute im Sprint (8 Uhr, ARD live).

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