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Sport: Zehnkämpfer Busemann muß nach zwei Disziplinen verletzt aufgeben

Frank Busemann hat nicht geweint, aber er war nahe dran. Frank Busemann ist keiner dieser abgeklärten Typen, die ihre Gefühle kontrollieren und jeden wissen lassen, wie gut sie eigentlich sind.

Frank Busemann hat nicht geweint, aber er war nahe dran. Frank Busemann ist keiner dieser abgeklärten Typen, die ihre Gefühle kontrollieren und jeden wissen lassen, wie gut sie eigentlich sind. Busemann ist immer noch ein lockerer Kerl, der viel lacht und sympathisch wirkt. Und wenn er sich eine angedeutete Träne aus den Augen wischt, dann fangen sie auch um ihn herum an zu schlucken. Es war zwölf Uhr, und für Busemann war es wirklich high noon. Die Minute der Entscheidung. "Es geht nicht", sagte er. "In Absprache mit unserem Arzt gebe ich auf."

Der Zehnkämpfer Busemann trat ab, nach gerade zwei Disziplinen. "Es ist schon schlimm, wenn man zwölf Monate auf so einen Wettkampf hin trainiert, und dann passiert so etwas." Karl-Heinz Graff, der Arzt der deutschen Mannschaft, erklärte, was passiert war: "Frank hat eine Strangverhärtung im linken, vorderen Oberschenkel. Das Risiko, dass ein Muskel reißt, ist zu groß, ich kann einen weiteren Start nicht verantworten." Busemann, der Olympia-Zweite von 1996, fehlte 1998 bei der EM in Budapest wegen einer Verletzung, er muß 1999 wegen einer Verletzung aufgeben. Da sind Tränen verständlich.

Bis zum Warmmachen für den 100-m-Lauf, der ersten Diszplin, "war alles super", sagt Busemann. "Dann lief ich aus dem Startblock und spürte plötzlich so ein Ziehen im Oberschenkel." Das Ziehen war eine Muskelverhärtung, und eigentlich war schon zu diesem Zeitpunkt alles klar. Wettkampfende, zu groß das Risiko, dass ein Muskel reißt. Aber Buseman sprintete, 10,87 Sekunden, eine ausgezeichnete Zeit in seinem Zustand, und wie er das geschafft hat, wußte er auch nicht mehr. Aber Graff redete mit ihm, und die beiden entschlossen sich zur Aufgabe. Der Arzt erzählte zwar öffentlich noch von einem "Krampf, nichts Schlimmes", aber intern war die Entscheidung gefallen.

Aber noch gab Busemann nicht auf. Es war gegen jede Logik, aber es war sein Wettkampf, und er wollte sicher sein, dass er erst in der allerletzten Sekunde aufgegeben hatte. Also ging er noch zum Weitsprung. Er landete bei 7,60 m, ebenfalls eine exzellente Leistung. Der zweiten Versuch war ungültig, und dann war Schluß. An der Weitsprunganlage lief sein Vater aufgeregt herum und sagte: "Ich kann verstehen, dass er alles versucht, aber als verletzter Athlet sollte er aufgeben." Das sagte nicht bloß Vater Franz-Josef Busemann, das sagte auch der Trainer Franz-Josef Busemann.

Der Sohn willigte ein. Es war sinnlos. Er redete noch kurz mit Weltrekordler Tomas Dvorak, umarmte seinen Teamkollegen David Mewes und ging.

Unterdessen machte sich Titelverteidiger Tomas Dvorak auf die Jagd nach dem Weltrekord. Der 27-jährige Tscheche, der Anfang Juli die 9000-Punkte-Grenze nur um sechs Zähler verfehlt hatte, lag nach drei Disziplinen mit 3890 Punkten nur zehn Zähler unter dem Zwischenreslutat beim Prager Europacup. Der US-Amerikaner Chris Huffins belegte mit 2800 Punkten Rang zwei, doch kommt er wegen seines schwachen zweiten Tages kaum für eine Medaille in Frage. Auch bei den übrigen deutschen Zehnkämfern lief es noch nicht besonders: Klaus Isekenmeier belegte nach drei Durchgängen Rang zwölf (2487), der vor ihm platzierte Daniel Mewes kam auf 2506 Punkte.

"Ausgerechnet ein muskuläres Problem", sagte Frank Busemann. "So etwas hatte ich sonst fast nie." Bei der WM-Qualifikation in Ratingen hatte er gute 8414 Punkte erreicht. Der WM-Titel, das wußte er, war meilenweit weg, Dvorak würde nur verlieren, wenn er den Wettkampfbeginn verschlafen würde. Aber er wollte eine Medaille, wenigstens Bronze. Wie 1997. Doch jetzt muß er warten, auf Sydney 2000, die Olympischen Spiele. "Aber ich verspreche euch", sagte er den Journalisten, "im nächsten Jahr werden die Fetzen fliegen."

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