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Sport: Zeit zur Revanche

St. Pauli jubelt: Die Bayern kommen schon wieder zum Millerntor

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Im Stadion läuft derzeit großes Kino. Fast jeden Abend wird zur „Filmnacht am Millerntor“ geladen. Zum Programm zählt auch der Film „Wie im Himmel“. Dort müssen sich wieder einmal die Regionalliga-Fußballer des FC St. Pauli samt Anhang gewähnt haben, als sie am Sonntag in der ARD-Sportschau für die erste Runde im DFB-Pokal den FC Bayern München zugelost bekamen. „Ein Glückslos“, jubelte Präsident Corny Littmann. „Besser geht’s nicht“, begeisterte sich Mittelfeldspieler Thomas Meggle.

Die Bayern kommen zum Millerntor – und der Stadtteil St. Pauli vibriert noch ein bisschen mehr als sonst. Einen „Aufschrei der Freude“ vernahm Pressesprecher Christian Bönig bei der Ziehung. Als die Mitarbeiter der Geschäftsstelle am Montag zur Arbeit erschienen, brach ihnen freilich der Schweiß aus, nicht nur wegen der Hitze. Die Fans wollen Karten, doch das Kontingent für das Stadion am Millerntor ist auf 19 400 Tickets begrenzt. Über die Verkaufsmodalitäten wird erst am Freitag in einer Vorstandssitzung beraten, aber zuhauf gingen bereits am Sonntagabend Bestellungen per E-Mail ein. Fans schickten „Schecks über 80 Euro, denen war die Kategorie der Karten egal, Hauptsache, sie sind dabei“, sagt Bönig. Andere dokumentierten ihre Vertrauensseligkeit gegenüber dem Klub durch Einreichen von Blankoschecks.

St. Pauli gegen Bayern – das ist auf dem Hamburger Kiez ein Klassiker. Vor einem der insgesamt 14 Duelle zu gemeinsamen Bundesliga-Zeiten prangte auf der Titelseite des St.-Pauli-Programmheftes in dicken Buchstaben das Wort „Klassenkampf“. Diese Definition für einen Fußballvergleich ging Uli Hoeneß dann doch zu weit. Der Bayern-Manager zürnte, St. Paulis Fans verhöhnten ihn deshalb beim Spiel noch mehr als sonst. Als größter Triumph in der jüngeren Historie des FC St. Pauli gilt der 2:1-Heimsieg über die Bayern am 6. Februar 2002. Nico Patschinski und Thomas Meggle erzielten die Tore des damaligen Tabellenletzten. Dass die Bayern in jener Saison Weltpokalsieger geworden waren, belebte die Fantasie am Millerntor. Es kamen T-Shirts auf den Markt, die mit dem aufgedruckten Wortungetüm „Weltpokalsiegerbesieger“ Stolz dokumentierten. Ein T-Shirt führte auch zur Versöhnung mit Uli Hoeneß. Nach dem Abstieg in die Regionalliga stand St. Pauli vor der Pleite. In der Not verkaufte man T-Shirts mit dem Aufdruck „Retter“, 15 Euro das Stück. Und der FC Bayern kam aus freien Stücken zu einem Benefizspiel. Uli Hoeneß drehte vor dem Anpfiff mit einem ersteigerten Retter-T-Shirt eine Ehrenrunde am Millerntor. Seither zeigt das Feindbild tiefe Risse.

Und dass St. Pauli erst am 12. April im DFB-Pokal-Halbfinale an den Bayern mit 0:3 gescheitert ist, wird auch nicht als gar so tragisch angesehen. „Jetzt bekommen wir ja unsere Revanche“, jubelt Manager Holger Stanislawski.

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