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Sport: Zirkus um Toni

In Duisburg dreht sich alles um Stürmer Ailton

Duisburg - Morgens um zehn ist die Welt beim MSV Duisburg nicht wirklich in Ordnung: Rudi Bommer ist sauer, das Theater um seinen prominenten Neuzugang geht dem Trainer auf die Nerven. Er ärgert sich über einen Fernsehbericht. „Das war mir zu negativ“, schimpft Bommer, „die machen ihn ja lächerlich.“ Er erteilt die Anweisung: „Wir nehmen ihn jetzt erst mal raus aus der Öffentlichkeit. Der Junge soll Fußball spielen.“

Um wen es geht, ist klar: Ailton Goncalves da Silva, den alle Welt nur Ailton nennt und Toni ruft. Seit er in Duisburg angekommen ist, dreht sich beim Aufsteiger alles um den 34 Jahre alten Torjäger. Walter Hellmich kann das nur recht sein. Seit er beim MSV Präsident ist, versucht der umtriebige Bauunternehmer, ein wenig Zirkusluft in die beschauliche Duisburger Szene zu zaubern. Da kommt einer wie Ailton natürlich gerade recht. Überall in Deutschland wurden die Fotos abgedruckt, wie sich der Pferdefreund aus Brasilien bei seiner Vorstellung im Revier auf ein blau-weiß gestreiftes Plastik-Zebra schwang.

Ailton ist der erste wirkliche Star beim MSV seit Helmut Rahn vor über 40 Jahren. Bei seiner Ankunft in Duisburg belagerten hunderte Kids den Platz. Jederzeit und überall schlagen ihm Autogrammwünsche entgegen und immer wieder Anfragen, den Star mit dem Fotohandy ablichten zu dürfen.

Der Hype um Ailton kommt nicht aus heiterem Himmel, schließlich verkörpert er den Typ Profi, der im Jargon der Branche als Paradiesvogel bezeichnet wird. Fröhlich, spontan, unberechenbar und mit seiner schon legendären, radebrecherischen Diktion immer für Sprüche gut. In Duisburg hat sich Ailton bislang jedoch weitgehend zurückgehalten und in professioneller Manier brav den Wert der Mannschaft herausgestellt.

De facto spielt Ailton in Duisburg um seine sportliche Reputation und um seine wirtschaftliche Zukunft. Nach der traumhaften Zeit in Bremen, als er Werder mit 28 Toren zur Meisterschaft schoss, ist der Brasilianer nirgendwo mehr glücklich geworden. Schalke, Istanbul, Hamburg, Belgrad, Zürich – zuletzt waren seine Stationen nur noch Stippvisiten. Zudem hält sich hartnäckig das Gerücht, Ailton habe sein Vermögen verpulvert und stecke in finanziellen Schwierigkeiten. In Duisburg sehen die Macher sein Engagement jedoch nicht als Resozialisierungsmaßnahme für einen alternden Star, sondern als sinnvolle sportliche Investition. Auch wenn Ailton am Sonntag in Dortmund nach Lage der Dinge nicht von Beginn an auflaufen wird, weil er noch Trainingsrückstand hat, kommt er doch mit der Empfehlung von 105 Bundesligatoren an den Rhein. „Seine Trefferquote spricht für sich“, sagt Bommer, „er ist der Typ Konterstürmer, den wir brauchen.“ Felix Meininghaus

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