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Sport: Zu jung, um dreimal am Tag den Rasen zu mähen

JENA/PERTH (sid).Kaum hat sich Bernd Stange vom Leben unter den Altkommunisten und Neureichen in der Ukraine halbwegs erholt, da läßt er sich in Australien, im Land der Känguruhs und Koalas, mit Fans ein, die in Badebekleidung zum Fußball gehen.

JENA/PERTH (sid).Kaum hat sich Bernd Stange vom Leben unter den Altkommunisten und Neureichen in der Ukraine halbwegs erholt, da läßt er sich in Australien, im Land der Känguruhs und Koalas, mit Fans ein, die in Badebekleidung zum Fußball gehen."Zu jedem Spiel kommen 15 000 Zuschauer.Und zwar in Bikini oder Turnhose.Es treten Cheerleaders und Musikbands auf.Die Stimmung ist einfach traumhaft", schwärmt der frühere Trainer der DDR-Fußball-Auswahl "vom schönsten Platz der Welt", weit weg in "Down under".Seinen Arbeitsplatz hat er in Zukunft in Perth, einer Stadt wie aus dem Bilderbuch in West-Australien.

Den Dienst beim Fußballklub Perth Glory tritt Stange am 1.August an.Von diesem Zeitpunkt an läuft sein Zweijahresvertrag mit einjähriger Option.Er geht als erster deutscher Fußballehrer auf den fünften Kontinent - und das nicht nur wegen des Hauses am Meer, das ihm der Verein zur Verfügung stellt.Auch nicht allein wegen des lukrativen Vertrages und der Chance auf eine Familienzusammenführung.Zwar kommt Stanges Frau im September nach, und die Söhne Martin und Michael planen einen Studienaufenthalt an der "University of Western Australia", aber der 50jährige will vor allen Dingen im Fußball etwas bewegen.

"Ich fühle mich einfach noch zu jung, um mit der Schubkarre durch den Garten zu laufen und dreimal am Tag den Rasen zu mähen.Ich wollte das machen, was ich am besten kann: So lange wie möglich in der Ersten Liga als Fußballtrainer arbeiten", erzählt der Jenaer.In den vergangenen Monaten lehnte er Angebote für einen Nationaltrainerjob in Sambia und Libanon, von einem Klub aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und vom Zweitliga-Absteiger FC Carl Zeiss Jena ab.Dann brachte ihn der Zufall nach Australien.

Bei einem Trainerlehrgang in Dubai lernte der Thüringer den Präsidenten von Perth Glory kennen, der anschließend "wie noch keiner zuvor" um Stange kämpfte.Der ließ sich trotz Bedenken zu einem Flug nach Australien überreden und war vom Umfeld positiv überrascht.Perth ist Zuschauer- und Showkrösus der Fußballiga und beschäftigt 14 Voll- und sechs Halbprofis."Das spielerische Niveau war allerdings ziemlich flach.Aber gerade deshalb denke ich, etwas bewegen zu können", meint Stange, der den Tabellenachten in der kommenden Saison in die Play-offs der besten sechs Mannschaften führen will.

Australien ist der totale Gegensatz zur Ukraine, wo Bernd Stange sehr erfolgreich beim Spitzenverein Dnjepr Dnjepropetrowsk mit Spielern wie den heutigen Bremern Victor Skripnik oder Juri Maximow arbeitete."Dort waren die Lebensbedingungen katastrophal und das sportliche Niveau sehr hoch.In Australien ist es eher umgekehrt", erzählt der Ostdeutsche.Seine Verpflichtung löste jedenfalls schon mal Euphorie in Perth aus.50 Journalisten und sechs Fernsehteams nahmen den Neu-Trainer bei seiner offziellen Vorstellung ins Kreuzverhör.

Unter anderem wurde er zu den Themen Doping und Stasi befragt.Bernd Stange soll seit 1973 als Informeller Mitarbeiter für den DDR-Geheimdienst gearbeitet haben.Wegen dieses Themas hatte der Trainer, der schon für den VfB Leipzig in der Bundesliga gearbeitet hatte, auch seinen Vertrag als Sportlicher Direktor bei Hertha BSC auf sanften Druck hin gekündigt und das Angebot aus der Ukraine angenommen.

"Meine Biographie lag in Australien vor.Ich habe niemandem geschadet.In Australien geht es mir um sportlichen Erfolg und, wer weiß, vielleicht führe ich die Nationalmannschaft ja eines Tages mal zur Weltmeisterschaft", träumt Stange von einem Aufstieg zum Nachfolger von Terry Venables, der die WM 1998 im Entscheidungsspiel gegen den Iran um Haaresbreite verpaßt hatte.

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