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Sport: Zu lange gewartet

Nach einigen Regenunterbrechungen scheitert Florian Mayer in Wimbledon an Sebastian Grosjean

An diesem Donnerstagmorgen muss Ulf Fischer nicht wieder an die Rezeption seines Londoner Hotels gehen, um die Zimmer für ihn und Florian Mayer zu verlängern. Der von ihm trainierte Mayer hat seine Überraschungsgeschichte gestern Abend beim Tennisturnier in Wimbledon nicht weiterschreiben können. Im Dämmerlicht fand Mayers Siegeszug gestern Abend sein Ende. Der 20 Jahre alte Bayreuther verlor 5:7, 4:6, 2:6 gegen den WeltranglistenDreizehnten Sebastian Grosjean aus Frankreich.

Mit gesenktem Kopf lief Mayer vom Platz, der Traum Wimbledon hatte ein abruptes Ende, das knapper ausfiel, als das Ergebnis vermuten lässt. Nach Regenunterbrechungen am Nachmittag kam Mayer erst um 18.50 Uhr auf den Platz und legte gleich mit einem Break los. Doch beim 3:2 nahm der Franzose ihm den Aufschlag wieder ab und zog gleich. Aber Mayer blieb ruhig, wie in den vorherigen Begegnungen in Wimbledon. Kein hektisches Schlägerdrehen auf dem Platz, nicht einmal die üblichen kleinen Tänzelein an der Grundlinie.

Im siebten Spiel des ersten Satzes wehrte Mayer vier Breakbälle ab, vergab beim Stand von 5:5 aber selbst auch drei. Im letzten Spiel landete Mayers unkonventionelle beidhändige, eingesprungene Rückhand nur Millimeter hinter Grosjeans Grundlinie – der Satz war verloren. Doch auch im zweiten Durchgang ließ Mayer sich nicht einschüchtern. Wieder ging es mit einem Break los, das Grosjean beim Rebreak zum 2:2 aber wieder zunichte machte. Mayer hielt weiter gut mit, doch der Franzose nutzte trotz schlechtem ersten Aufschlag im zweiten Satz seine drei Breakbälle im letzten Spiel zum 6:4-Sieg.

Im dritten Satz machte es Grosjean dann schnell. Unter schwindendem Licht reichten ihm zwei Breaks und 23 Minuten, um ins Halbfinale gegen Titelverteidiger Roger Federer einzuziehen. Trost für den Deutschen: Preisgeld von 118 000 Euro und eine mögliche Olympia-Nominierung. Federer lässt jedoch keine Zweifel an der Titelverteidigung aufkommen. Der Schweizer ist seit 22 Spielen auf dem Rasen von Wimbledon ungeschlagen. Die letzte Niederlage fügte ihm ein gewisser Mario Ancic vor zwei Jahren in der ersten Runde bei.

Der 20-jährige Kroate könnte sogar sein diesjähriger Finalgegner werden, nach dem Sensationssieg gegen Tim Henman im Viertelfinale. Ancic besiegte den Briten 7:6 (7:5), 6:4, 6:2. Diesem Spiel hatten die englischen Zuschauer in Wimbledon entgegengefiebert. Sie hatten so sehr darauf gehofft, dass ihr einziger aussichtsreicher Tennisprofi es diesmal schaffen würde. Der 29 Jahre alte Liebling des Publikums sollte die verwundete englische Sportseele nach dem Ausscheiden bei der Fußball-Europameisterschaft streicheln.

Doch der 20 Jahre alte Mario Ancic stürmte bei seinem dritten Wimbledon-Auftritt als Profi souverän ins Halbfinale. Der junge Kroate brauchte gestern 2:13 Stunden, um Englands Hoffnungen zu begraben. Henman konnte danach jedoch nur eingestehen: „Heute hat der bessere Spieler gewonnen.“

Schon wieder war es ein Kroate, an dem Henman scheiterte. Vor drei Jahren war der Brite im Halbfinale gegen Goran Ivanisevic ausgeschieden. Ancic tritt nun die Ivanisevics Fußstapfen. „Goran ist immer noch ein Botschafter für unser kleines Land. Aber ich bin bereit, diese Rolle zu übernehmen“, sagte Ancic. Wie ein großer Bruder nahm sich Ivanisevic des ähnlich temperamentvollen Nachbarsjungen aus Split an. Seit seinem zehnten Lebensjahr schlägt er mit ihm Bälle und gibt ihm regelmäßig telefonisch Rat.

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