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Sport: Zum Sieg gefoult

In einem harten und hektischen Spiel ringt Bayer Leverkusen die Bayern mit 2:1 nieder

Von Erik Eggers

Leverkusen. Die Wahrnehmungen nach dem atmosphärisch dichten, am Ende dramatischen Spiel Bayer Leverkusen gegen Bayern München, sie unterschieden sich hinterher lediglich in Nuancen. Etwa in Nachbetrachtung der Szene aus der 36. Minute, als sich Leverkusens Stürmer Thomas Brdaric, weil er den Ball nach einem Abseitspfiff noch kurzerhand im Gehäuse von Oliver Kahn untergebracht hatte, unversehens im wütenden Würgegriff des Bayern-Keepers befand. Nun ist Brdaric wahrlich kein stämmiger Mann, eher schmal, wenn nicht gar schmächtig, und dementsprechend ängstlich klang auch noch gut eine halbe Stunde nach Spielende sein Kommentar: „Ich habe Angst um mein Leben gehabt.“ Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld dagegen konnte die Aufregung überhaupt nicht verstehen. „Der Olli“, so der Bayer-Coach süffisant, „der wollte ihn doch nur ein wenig tätscheln.“

Insgesamt aber hatten beide Parteien ganz ähnliche Analysen parat nach dem 2:1-Sieg Leverkusens, dem ersten Saisonsieg in der Bayarena und gleichzeitig die erste Saisonniederlage des bislang in der Bundesliga so souveränen Tabellenführers. Dabei spielten die beiden gelben Karten, die Brdaric und Kahn nach der Ringkampfeinlage kassierten, jedoch eine wichtige Rolle. Denn nur 60 Sekunden später flog Brdaric nach einem unnötigen Foul und dem darauffolgenden zweiten gelben Karton vom Platz, sodass sich der Vizemeister fortan gezwungen sah, sich vollends in die Defensive zurückzuziehen. Mit gutem Grund, waren sie doch in den Heimspielen gegen Bochum und Hannover am Ende in offensiver Schönheit gestorben. Und außerdem führten sie schließlich seit der achten Minute mit 1:0, erzielt aus 26 Metern durch ein Freistoßtor von Weltmeister Lucio, dem an diesem Tag alles überstrahlenden brasilianischen Innenverteidiger.

Seit jenem Platzverweis spielte das Heimteam also ein System, das tatsächlich mehr an grobschlächtige Fußballarbeit erinnerte und nicht an die technische Brillanz aus der vergangenen Saison. Tief in der eigenen Hälfte gestaffelt, begegneten sie den zunächst sparsamen Münchner Angriffen mit großem Kampf und schnöden Grätschen, und wenn nichts mehr half, dann spielten sie Foul – so kamen neben dem Platzverweis neun Verwarnungen zustande. Sogar Bayern-Star Michael Ballack, als Rückkehrer ein intimer Kenner der Leverkusener Verhältnisse, stellte später überrascht fest, dass „selbst Bernd Schneider, der sonst nur offensiv spielt, fast nur hinten drin stand“. Es war mithin ein System, das die Mannschaft laut Reiner Calmund „eigentlich nicht spielen kann, denn das ist sie ja nicht gewohnt“. Einen „unbändigen Kampf“ hatte der Manager des Werksklubs gesehen. „Die Spieler haben sich in alle Schüsse hineingeworfen.“

Und dennoch: Eigentlich hatten alle nach der Pause – wohl auch die Bayern – mit einer Wende im Spiel gerechnet. Das Leverkusener Abwehrmodell aber hielt – mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. Die Heimelf konnte sogar nach feiner Flanke des starken Bastürk durch den Kopfball Bierofkas auf 2:0 erhöhen, wenngleich dies der einzige Angriff in der zweiten Halbzeit bleiben sollte. Ob es nun an der zur Schau gestellten Arroganz des Gastes oder am Kampfgeist der Heimmannschaft lag, dass die Bayern erst gegen Spielende wirklich Druck auf das Leverkusener Gehäuse entwickeln und so durch Salihamidzic kurz vor Schluss auf 1:2 verkürzen konnten – Klaus Toppmöller war es hinterher egal. Für den Bayer-Trainer, der sich nach zuletzt vier Niederlagen in Serie schon starker Kritik erwehren musste, hatte seine Mannschaft „endlich den Lohn für die letzten drei Spiele eingefahren“.

Der Sieg des Vizemeisters gegen den Meister war verdient. Das sah sogar Münchens Trainer Ottmar Hitzfeld: „Die Leverkusener hatten eine optimale Chancenauswertung.“ Der 0:1-Rückstand, meinte Hitzfeld, „hat Leverkusen taktisch in die Karten gespielt“, er kritisierte indes das Verhalten seiner rechten Abwehrseite vor dem spielentscheidenden 0:2, als Salihamidzic seinem Gegenspieler Ojigwe den Ball überlassen hatte. Zudem haderte Hitzfeld mit seinem Sturm. Ballack habe eine hochkarätige Kopfballchance vergeben, und „Giovane Elber hätte heute drei Tore schießen müssen“. Es sind eben immer noch die Tore, die am Ende eines Fußballspiels den Unterschied ausmachen.

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