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Sport: Zum Wohle des Vereins

Im Vorfeld des bevorstehenden klaren Heimsiegs gegen den Zweitligisten 1. FC Köln wird der großartige Dieter Hoeneß Gerüchten zufolge eine Ansprache an die Hertha-Fans halten, welche stark an die Festtagsrede Honeckers zum 51.

Im Vorfeld des bevorstehenden klaren Heimsiegs gegen den Zweitligisten 1. FC Köln wird der großartige Dieter Hoeneß Gerüchten zufolge eine Ansprache an die Hertha-Fans halten, welche stark an die Festtagsrede Honeckers zum 51. Jahrestag der DDR angelehnt ist. Angeblich geht der genaue Wortlaut so:

„11 Heimspiele 05/06 im Olympiastadion – das waren 11 Spiele heroischer Arbeit, 11 Spiele erfolgreicher Kampf für den Aufstieg unseres Arbeitervereins, für das Wohl des Fans. (Beifall) Auch weiterhin wird das so sein. Wichtig ist, dass der führende Fußballklub unserer Stadt, Hertha BSC Berlin, in Vorbereitung seines 6. Heimsiegs die eigenen Reihen weiter festigt, sich noch enger mit der Arbeiterklasse verbindet, den Genossenschaftsbauern im Wedding, der Intelligenz in Spandau: dem Fan. Wir werden auch weiterhin im Sinne der Erkenntnis von Günter Netzer handeln, dass es darauf ankommt, den Fußball nicht nur zu interpretieren, sondern ihn auch zu verändern. (Starker Beifall) Ratschläge, die zur Schwächung des Berliner Fußballs führen sollen, fruchten bei uns nicht. (Stürmischer Beifall) Spielerwechsel zu kommerzorientierten Klubs im Ausland, altersdiskriminierte Verteidiger, Rückpässe teurer holländischer Spieler aufs eigene leere Tor, welche die moderne Situation in der Bundesliga begleiten, gibt es bei uns weder heute noch in Zukunft. Es ist eine Pervertierung der Menschenrechte, wenn ein Drittel, ein Viertel oder welcher Teil der Mannschaft auch immer ins Abseits gestellt und ausgegrenzt wird. Die fußballerisch-technische Revolution vollzieht sich bei uns in sozialer Sicherheit unserer Spieler, ist, um mit Karl Marx zu sprechen, eine der Springquellen des sportgesellschaftlichen Reichtums. (Anhaltender Beifall) Wir haben in unserer Einkaufspolitik Prioritäten gesetzt, die dem Wesen unseres Arbeiter-und-Bauernopfer-Staates entsprechen. Gewiss, alles zur gleichen Zeit lässt sich nicht lösen, denn wie jeder weiß, kann man die Mark nur einmal ausgeben. Mit weiter steigenden Leistungen von Sverkos und Pantelic wachsen auch hier unsere Möglichkeiten. (Beifall) Der stürmerischen Entwicklung der Produktivkräfte hätten wir nicht gerecht werden können, wäre nicht eine tiefe Umgestaltung in unserer Mannschaftsaufstellung selbst vonstatten gegangen. Frisch in Erinnerung ist der nicht einfache Prozess, in dem die vereinseigenen Kombinate ausgetauscht (Gladbach) und vervollkommnet wurden. (Starker Beifall) Jeder hat bei der Hertha seinen Platz, unabhängig von Weltanschauung und Religion. Wir bieten mit unserem humanistischen Anliegen Raum für die Entfaltung jeder Persönlichkeit, auch der von Okoronkwo und Madlung. So ist nach diesem Vorbild jeder Spieler angesprochen, an unserem gemeinsamen Vorhaben zum Wohle des Vereins schöpferisch mitzuarbeiten. (Starker Beifall) Hertha BSC Berlin hat seinen Weg zurückgelegt, der unsere Fans im Wissen um seine Kraft, um den Wert aller Mühen beim Aufbau eines neuen, eines menschenwürdigen, eines sinnerfüllten Fußballlebens bestärkt. Persönlichkeitstraining und Hertinho sind und bleiben Schlüsselworte für das bisher Vollbrachte wie für das, was künftig zu leisten sein wird. Wir gehen es mit Zuversicht an. (Lang anhaltender Beifall) Es lebe der 12. Heimspieltag von Hertha BSC Berlin!“ (Lang anhaltender stürmischer Beifall. Die Teilnehmer der Festveranstaltung erheben sich von den Plätzen.)

Christian Ulmen, 30, ist Schauspieler und Hertha-Fan. Immer wenn Hertha ein Heimspiel in der Bundesliga hat, erscheint seine Kolumne.

Ein Selbsterfahrungskurs

in 17 Lektionen

Von Christian Ulmen

Ein Selbsterfahrungskursin 17 LektionenVon Christi

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