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Sport: Zur Seite

Marcell Jansen verdrängt Philipp Lahm in der Nationalelf von links nach rechts

Man muss schon ein sehr fantasiebegabter Mensch sein, um hinter der aktuellen Transferpolitik des FC Bayern München einen bis ins Letzte durchdachten Plan zu entdecken. Der Wahrheit am nächsten kommt vermutlich die Interpretation, dass sich die Münchner nicht noch einmal wie in dieser Saison irgendwelche Versäumnisse vorhalten lassen wollen. Also kaufen sie, was sie kriegen können, egal ob alt oder jung, deutsch oder nichtdeutsch, Hauptsache teuer. In all dem Wirbel ist eine Personalie weitgehend unbeachtet geblieben, die unter anderen Voraussetzungen vermutlich sehr viel mehr Aufsehen erregt hätte: die Verpflichtung von Marcell Jansen.

Der Nationalspieler hat die Münchner mindestens genauso viel gekostet wie der italienische Weltmeister Luca Toni. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Borussia Mönchengladbach, Jansens bisheriger Verein, hat jetzt bestätigt, dass die Bayern sich den Transfer zwölf Millionen Euro kosten lassen. Viel Geld für einen 21 Jahre alten Linksverteidiger, der von einem Absteiger kommt und dessen künftige Rolle nicht gleich ersichtlich ist. Angst habe er keine, sagt Jansen, „ich will mich da zeigen“. Doch bei seinem neuen Arbeitgeber wird er sich gegen starke Konkurrenz behaupten müssen. Auf Jansens Position spielt Philipp Lahm, der ebenfalls deutscher Nationalspieler ist und bei der WM im vergangenen Jahr noch als einer der Besten der Welt gefeiert wurde. „Klar sehen wir uns als Konkurrenten“, sagt Lahm: „Aber erstens ist das positiv, und zweitens können wir auch miteinander.“

Eine mögliche Lösung des Problems werden die Bayern am Samstag im Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen San Marino erleben. Die Antwort auf die Frage Lahm oder Jansen beantwortet Bundestrainer Joachim Löw dann mit einem entschiedenen Sowohl-als-auch. Der Rechtsfuß Lahm räumt seinen angestammten Platz in der Vierer-Abwehrkette und rückt nach rechts, der Gladbacher spielt wie im Verein auf der linken Seite. Neu ist diese Variante nicht, gleich im ersten Testspiel nach der Weltmeisterschaft, beim 3:0 gegen Schweden, hat Löw sie zum ersten Mal ausprobiert, zuletzt wählte er sie in der EM-Qualifikation gegen Tschechien.

Der Bundestrainer sieht es ja gern, wenn seine Mannschaft mit ihrem Spiel stilbildend auch in die Bundesligaklubs hineinwirkt; dass ein Nationalspieler als Reaktion auf eine Versetzung in der Nationalmannschaft jedoch auch im Verein die Position wechselt, kommt eher selten vor. Vor sechs Jahren hat Teamchef Rudi Völler Sebastian Deisler von der rechten Seite in die Rolle des Spielmachers befördert und damit eine Tatsache geschaffen, die sein Verein nicht mehr ignorieren konnte. Eigentlich wollte Hertha BSC Deisler behutsam an diese verantwortungsvolle Position heranführen. Das war nach Völlers Vorpreschen hinfällig. Es ist gut möglich, dass Marcell Jansen seinen neuen Kollegen Philipp Lahm auch bei den Bayern von links nach rechts verdrängt, zumal diese Position wegen der Verletzung von Willy Sagnol einstweilen unbesetzt ist.

„Er hat den riesigen Vorteil, als Rechtsfuß auch links spielen zu können“, sagt Jansen über Lahm. Und die Selbstverständlichkeit, mit der sein Konkurrent dies tut, hat der Gladbacher stets als nachahmenswert empfunden. Am Trainingsplatz der Borussia gibt es eine kleine Mauer, da hat Jansen nach dem Training regelmäßig für sich weitergeübt. Mit dem Spann, der Innenseite und dem Außenrist hat er den Ball gegen die Mauer geschossen – immer nur mit seinem schwachen rechten Fuß. „Bei mir ging anfangs wenig mit rechts, inzwischen bin ich mit rechts erfolgreicher als mit links“, sagt Marcell Jansen: „Das ist natürlich auch nicht Sinn der Sache.“ Es sei denn, er möchte Philipp Lahm künftig von der Position des rechten Außenverteidigers vertreiben.

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