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Reinhard Grindel ist der designierte neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.

© REUTERS

Zur Wahl des neuen DFB-Präsidenten: Die ersten Wünsche an Reinhard Grindel

Am heutigen Freitag wird Reinhard Grindel zum neuen DFB-Präsidenten gewählt. Wir haben Wünsche an ihn gesammelt, bei Fans, Korruptionskämpfern, Amateuren und vielen mehr.

Philipp Köster (Gründer und Chefredakteur 11 Freunde): Allerhöchste Zeit, dass Reinhard Grindel endlich DFB-Präsident wird! Der charismatische Hamburger mit der gewinnenden Art wird endlich die Ära der farblosen Anzugträger beim Deutschen Fußballbund beenden und mal wieder richtigen Schwung in die verstaubte Funktionärsbutze im Frankfurter Stadtwald bringen. Er wird noch mal im Aktenschrank nachschauen und zufällig die fehlenden Kontoauszüge zur WM-Bestechungsaffäre finden. Er ruft bei Oliver Bierhoff an und verklickert ihm, dass er diesen ganzen affigen „Die Mannschaft“-Marketingquatsch rund um die Nationalelf sein lässt. Er ordnet an, dass beim DFB-Pokalfinale nicht direkt nach dem Spielende bumslaute Rummelmusik durch die Lautsprecher gejagt wird, sodass die Fans in Ruhe singen können. Er fördert den Frauenfußball, ohne sich dabei wie sein Vorgänger Theo Zwanziger penetrant als einziger Frauenversteher weltweit feiern zu lassen. Er tut nicht ständig so, als habe er persönlich das entscheidende WM-Tor erzielt wie einer seiner Vorgänger (keine Namen, das wäre unfair gegenüber Wolfgang Niersbach). Er sorgt dafür, dass Fans Tickets für die EM kaufen können, ohne dafür vorher in eine lebenslange Knebelmitgliedschaft beim Nationalmannschafts-Fanklub einzuwilligen. Er weist Joachim Löw in herrischem Ton an, den Eisenfuß Robert Huth aus Leicester für die EM in Frankreich nachzuverpflichten. Und er befiehlt handstreichartig, dass die stillosen Auswärtstrikots der Nationalelf gegen einigermaßen tragbare Leibchen ausgetauscht werden. Kurzum: Reinhard Grindel wird der beste DFB-Präsident der Welt und aller Zeiten. Ganz eventuell. Möglicherweise. Vielleicht aber auch nicht.

Sylvia Schenk (Leiterin Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International): Der DFB muss jetzt vordringlich drei Dinge verändern, um seine Glaubwürdigkeit zu erhöhen: Er muss bei der WM 2006 endgültige Aufklärung betreiben, soweit noch Fragen offen und weitere Nachforschungen möglich sind, auch was Schadensersatz und weitere Konsequenzen angeht.

Die aktuellen Strukturen müssen analysiert werden, einschließlich einer Bewertung der Risiken, dann sollte ein Compliance-Management-System eingeführt werden mit klaren Zuständigkeiten. Dazu gehört insbesondere auch Transparenz, etwa einen jährlichen Finanzbericht zu veröffentlichen oder die Entschädigungen von Ehrenamtlichen offenzulegen, inklusive klarer Kriterien, wer warum wie entschädigt wird. Wesentlich ist die Kultur im Verband: Er muss offene Debatten, Kritikfähigkeit und Querdenken zulassen und vor allem Vielfalt, insbesondere auch mehr Frauen auf allen Ebenen in verantwortlichen Positionen haben. Hinzu kommt, dass der DFB und sein Präsident auch Verantwortung auf internationaler Eben zu übernehmen haben, zum Beispiel mit einem Konzept zum Thema Menschenrechte in Katar. Auch die deutsche Bewerbung um die EM 2024 und die Ausrichtung müssen beispielhaft werden. Ein neuer Präsident kann dabei für eine moderne Führung stehen, indem er offen für Kritik ist, klare Vorgaben macht und selbst ein Beispiel für integres Verhalten gibt. Die Wagenburgmentalität und das schlechte Krisenmanagement der Vergangenheit sollte sich nicht wiederholen. Fehler werden immer wieder passieren, Entscheidend ist, wie damit umgegangen wird.

Sig Zelt (Sprecher Pro Fans): Wir aktiven Fußballfans hätten schon ein paar Wünsche an den neuen DFB-Präsidenten, aber nach den Erfahrungen der Vergangenheit sage ich: Unsere Erwartungen sind gering. Im Herbst haben sich alle Fanorganisationen geschlossen aus der Arbeitsgemeinschaft Fanbelange des DFB zurückgezogen. Das war die Konsequenz daraus, dass unsere Arbeit praktisch keine konkreten Ergebnisse zur Folge hatte und sich keine unserer Vorstellungen in den Beschlüssen wiedergefunden hat. Im Gegenteil: Die Stadionverbotsrichtlinien sind sogar verschärft worden, und auch das Paket zum sogenannten Sicheren Stadionerlebnis ist beschlossen worden, ohne dass die AG einbezogen worden war.

Wir aktiven Fußballfans sind weiterhin dialogbereit. Aber es reicht nicht, uns nur schön zuzuhören. Wir wünschen uns auch eine innere Bereitschaft, unsere Belange zu berücksichtigen. Kurioserweise ist das bei der DFL zumindest in Ansätzen zu erkennen. Beim DFB erkenne ich im Moment gar nichts. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass sich der Protest in den Stadien zurzeit eher gegen den DFB richtet.

Dass eine neue Person an der Spitze viel bewirken kann, hat Theo Zwanziger gezeigt. Die AG Fanbelange, damals noch Fandialog, wurde vor acht Jahren von ihm persönlich initiiert. Trotzdem habe ich wenig Hoffnung, dass sich unter dem neuen Präsidenten etwas ändert. Im DFB herrscht ein Klüngel älterer Herren, die relativ beratungsresistent sind.

Kemal Halat (Sportdirektor des Regionalligisten Berliner AK): Am Sonntag haben unsere Jungs wahrscheinlich endgültig begriffen, was in dieser Saison möglich ist. Spitzenspiel in der Regionalliga Nordost, fast 3500 Zuschauer bei uns im Poststadion - und ein, wie ich finde, völlig verdienter 2:1-Erfolg gegen den Spitzenreiter FSV Zwickau. Drei Punkte liegen wir mit dem BAK jetzt noch zurück, haben aber noch ein Spiel mehr. Der Aufstieg in die Dritte Liga ist nicht nur unser erklärtes Ziel, er ist auch in dieser Saison möglich. Wenn nur diese unsägliche Aufstiegsregelung nicht wäre.

Diese Regelung geht gar nicht. Das ist ein Riesenwitz. Da wirst du Meister in deiner Staffel und kannst dich nicht mal richtig freuen, weil du erst noch zwei Play-off-Spiele bestreiten musst, in denen letztlich das Glück entscheidet. Man bereitet alles vor, investiert viel, macht und tut - und dann ist eigentlich alles für die Katz. Und wie soll ich eigentlich die neue Saison planen? In der Dritten Liga werden schließlich ganz andere Gehälter gezahlt als in der Regionalliga.

Vom neuen DFB-Präsidenten wünsche ich mir, dass diese Regelung geändert wird. Von mir aus kann man die Zahl der Staffeln reduzieren, zum Beispiel die Regionalliga Nord mit der Regionalliga Nordost zusammenlegen. Aber die Meister müssen aufsteigen, so wie das in jeder anderen Liga auch der Fall ist.

Bernd Schröder (Trainer Turbine Potsdam): Mein Anliegen an Herrn Grindel ist, dass er eng mit der Basis, sprich mit den Landesverbänden, zusammenarbeitet, denn da spielt die Musik und nicht nur im Leistungsfußball der Männer. Natürlich wünsche ich mir auch, dass der Frauen- und Mädchenfußball wieder stärker ins Blickfeld rückt und die Zusammenarbeit mit der Amateurbasis allgemein besser wird. Da hatte es zuletzt in der Ära Niersbach doch Defizite gegeben. Insgesamt denke ich, dass wir beim Frauenfußball sehr gut aufgestellt sind. Gerade deshalb darf man jetzt nicht nachlassen.

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