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Sport: Zurück im Leben

Im Vorjahr raste Dany Heatley gegen eine Mauer – jetzt ist er mit Kanada wieder Weltmeister

Prag. Kurz vor dem bitteren Ende schlug der alte Mann noch einmal auf den jungen Rebell ein. Seinen Eishockeyschläger hatte der 30-jährige Peter Forsberg weit von sich geworfen und den 22-jährigen Dany Heatley bearbeitet. Doch statt Genugtuung bekam Forsberg, der alternde Schwede, ein schelmisches Grinsen mit riesiger Zahnlücke zu sehen. Heatley wusste, dass er das Finale längst gewonnen hatte. Vier Minuten später war der kanadische Stürmer bereits in einem riesigen Freudenknäuel wiederzufinden. Heatley war mit Kanada erneut Weltmeister geworden. Mit 5:3 (1:2, 2:1, 2:0) hatten sie das Finale gewonnen und Heatley hatte den großen Forsberg endgültig ins Abseits manövriert.

Im Moment des Triumphes schien das Leben Heatley auch tatsächlich wiederzuhaben. „Ich bin so froh, dass wir diesen Erfolg geschafft haben“, stammelte der Stürmer der Atlanta Thrashers, nachdem er den riesigen Pokal vor 17 000 Zuschauern in der Prager Sazka-Arena in die Höhe gestemmt hatte. Alles hatte an diesem Abend für den Eishockeyspieler mit den Körpermaßen eines Preisboxers gepasst. Team Canada ist zum 23. Mal Weltmeister geworden und hat mit der Eishockeymacht Russland als Rekordhalter gleichgezogen. Und er, Dany Heatley, der am meisten beobachtete Spieler, war zum Garant des Erfolges geworden. Der in Freiburg geborene NHL-Profi wurde als „wertvollster Spieler“ ausgezeichnet und war mit acht Toren und drei Vorlagen Scorerkönig des Turniers.

Gleich ein Dutzend Spielervermittler hatten ihn von der Tribüne aus beobachtet. Doch nicht nur die Männer mit den getönten Brillen hatten sich gefragt, ob der Kanadier das Comeback schaffen würde. Heatley hatte im Vorjahr einen herben Schicksalsschlag erlitten. Mit seinem Ferrari war er mit stark überhöhter Geschwindigkeit in eine Mauer gerast. Sein Teamkamerad und Freund Dan Snyders, der Beifahrer war, starb sechs Tage später im Krankenhaus. Doch dann hatte Heatley, der beim Unfall schwere Knieverletzungen und einen Kieferbruch erlitten hatte, die Rückkehr gewagt. In Tschechien wollte er den Titel verteidigen, nachdem er schon bei der letzten WM Kanadas Topscorer war. „Es war ein hartes Jahr“, sagte der 23-Jährige nach dem Finale. „Aber in diesem Team zu spielen, hat sehr viel Spaß gemacht. Besser hätte das Jahr nicht enden können.“

An den finalen Triumph hatte bis zuletzt jedoch kaum einer geglaubt. Denn Kanada war durchwachsen gestartet. Doch immer wieder kämpfte die Mannschaft ihre Gegner nach Rückständen nieder. Eine Taktik, die auch im Finale griff. „Wir haben oft zurückgelegen, aber wir haben nie unser Selbstvertrauen verloren“, sagte Heatley.

Die Schweden bestimmten anfänglich das Spiel. Schnell waren sie durch Jonas Höglund in Führung gegangen, und eine kanadische Aufholjagd schien ausgeschlossen. Vor allem da die Skandinavier ihre Stars Niklas Lidström (Detroit Red Wings) und Peter Forsberg (Colorado Avalanche) eingeflogen hatten. Forsberg, der immerhin ein Jahreseinkommen von elf Millionen Dollar hat, war dabei reichlich ambitioniert. Letztes Jahr hatte er schon gegen Kanada im Finale verloren. Außerdem plant er seine Rückkehr nach Schweden. Mit einem WM-Pokal wäre dies umso schöner. „Ich höre auf meinen Körper und entscheide dann, ob ich bald wieder in meinem Heimatland in der Liga spiele“, sagte Forsberg. Extra eingeflogen war er, nachdem er in den NHL-Play-offs ausgeschieden war. Und dann hatte er im Finale tatsächlich aufgetrumpft. Nach dem frühen 1:0 hatte er den Puck mit einem genialen Pass Daniel Alfredsson auf den Schläger gelegt, der auf 2:0 erhöhte. Die Entscheidung schien gefallen, auch wenn Ryan Smith nochmals verkürzte. Denn Andreas Salomonsson erzielte wenig später das 3:1. Doch mit dem Treffer von Heatley zum 3:2 gelang Kanada die Aufholjagd. Ein Eigentor von Michael Nylander sowie Treffer von Jay Bouwmeester und Matt Cooke sicherten den Erfolg.

Nach der Niederlage saß Forsberg, der zweifache Weltmeister und Stanleycup-Sieger, wie ausgelaugt in der Ecke. Und Heatley feierte, als habe sein Leben gerade wieder begonnen.

Christoph Bertling

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