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Sport: Zurück im Mittelpunkt

Kevin Kuranyi überragt bei Schalkes 3:1 in Frankfurt und darf wieder an die Nationalmannschaft denken

Joachim Löw kann die Augen nicht mehr länger vor Kevin Kuranyi verschließen. Denn der Bundestrainer war einer von 51500 Besuchern, die in der Frankfurter Commerzbank-Arena zuschauten, wie der ausgemusterte Nationalspieler mit einem Musterpass zu Gustavo Varela und zwei Toren den FC Schalke 04 zum 3:1-Sieg über Eintracht Frankfurt und zumindest für fünfundzwanzigeinhalb Stunden auf Platz eins der Bundesliga hievte (das Bremer Spiel war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet). Das letzte seiner insgesamt 35 Länderspiele hatte der athletische Stürmer am 12. November 2005 beim 0:0 in Paris absolviert. Damals war er für Lukas Podolski eingewechselt worden. Danach war Kuranyi aus dem Kader für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland gefallen. Und in eine Krise.

Nun genoss es Kevin Kuranyi, endlich wieder im Mittelpunkt zu stehen, erst vor den Kameras, Mikrofonen und Notizblöcken in der Mixed Zone, dann abends im „Aktuellen Sportstudio“. Ob ihn die Anwesenheit des Bundestrainers besonders motiviert habe, wurde er unmittelbar nach dem Spiel gefragt. „Das war keine Motivation für mich“, antwortete der 24-Jährige. „Ich bin motiviert, wenn ich für Schalke 04 spiele und mit meiner Mannschaft gewinne, egal, wer im Stadion ist.“ Das Thema Nationalmannschaft sei für ihn im Moment nicht wichtig. Aber: „Ich bin ein Kämpfer und werde allen zeigen, was ich kann.“ Auch dem Bundestrainer. Er brauche keinen Kontakt und auch keine guten Worte.

Die verbreitet dann sein überglücklicher Trainer Mirko Slomka auf der Pressekonferenz. Ungefragt wollte er einen Spieler besonders hervorheben, eben Kuranyi, der nicht nur zwei Tore erzielt, sondern auch noch „extrem viel für die Mannschaft gearbeitet“ habe. Drei Tage zuvor hatte Slomka mit Löw telefoniert und den Bundestrainer über die hervorragenden Trainingsleistungen Kuranyis informiert. „Kevin hat keine einzige Minute der Vorbereitung versäumt, das zahlt sich aus, und ich hoffe, dass es vom Bundestrainer auch belohnt wird.“, sagte er.

Am Donnerstag gibt Löw das Aufgebot für das Länderspiel gegen die Schweiz am 7. Februar bekannt. Gut möglich, dass Kuranyi nach diesem Auftritt in seinen Überlegungen wieder eine Rolle spielt. Mit einem Kopfball nach einer Ecke Lincolns erzielte er das 2:1, in der Nachspielzeit schoss er auch noch das 3:1.

Schalke war mit seinem schnellen Kurz- und Flachpassspiel unter der glänzenden Regie des erstmals seit Oktober wieder mitwirkenden Lincoln die spielerisch bessere Mannschaft, vor allem in der ersten Halbzeit und nach der erneuten Führung. Die Ballstafette von der eigenen Eckfahne zum 1:0 ins Frankfurter Tor war eine Vorführung wie aus einem Lehrfilm. Und zeigte der Eintracht und deren Offensivspielern wie Alexander Meier und Ioannis Amanatidis die Grenzen auf. „Wir haben es jetzt seit anderthalb Jahren nicht geschafft, eine Spitzenmannschaft zu schlagen“, stellte der Frankfurter Klubchef Heribert Bruchhagen fest. „Uns fehlt dazu die Homogenität im Mittelfeld und damit im Spiel.“ Daran änderte auch die Rückkehr des dynamischen Kapitäns Jermaine Jones nach einer neunmonatiger Bundesligapause nichts.

Frankfurts Trainer sah den Unterschied zwischen beiden Teams nicht so groß. „Wir haben ein gutes, spannendes und kampfbetontes Spiel gesehen“, sagte er. Allein in der Chancenverwertung habe sich seine um den Klassenerhalt kämpfende Mannschaft von Schalke unterschieden. Das sei nun einmal das große Manko, das zur dritten Heimniederlage führte. Albert Streit hatte eine glänzende Möglichkeit zum Ausgleich vergeben, Amanatidis vier Minuten nach dem 1:1 durch Naohiro Takahara eine einzigartige Gelegenheit zum 2:1 grob fahrlässig verschusselt. Glänzend und uneigennützig von dem Japaner freigespielt, schoss der Grieche den Ball direkt dem jungen Schalker Torhüter Manuel Neuer in die Arme.

Ärgerlich und enttäuschend nannte Torwart Markus Pröll wegen dieser großen Chancen die Niederlage. „Blöd“, fand Slomka das Gegentor. Zwischen den unentschlossenen Mladen Krstajic und Neuer hatte Takahara den Ball ins Tor gespitzelt.

Freilich, auch Schalke 04 machte nicht aus jeder hochkarätigen Chance ein Tor, sonst hätte es nach zwanzig Minuten bereits 2:0 gestanden. Schütze des von Pröll ans Außennetz gelenkten Schusses war: Kevin Kuranyi.

Hartmut Scherzer[Frankfurt am Main]

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