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Sport: Zurück in die halbe Heimat

Warum der kanadische Eishockey-Weltmeister Dany Heatley kommende Saison vielleicht bei den Berliner Eisbären spielt

Berlin - Mitte Mai kurvte Dany Heatley mit einem schicken Auto durch Berlin. Das Gefährt hatte ihm der EHC Eisbären zur Verfügung gestellt. Kostenlos natürlich. Denn schließlich ist Heatley im Eishockey nicht irgendwer. Gerade war der 23-jährige Rechtsaußen mit Kanada in Prag Weltmeister geworden, ganz nebenbei hatte er sich noch den Titel des WM-Topscorers gesichert. Heatleys Trip nach Berlin war nicht aus touristischem Interesse: Familienbesuch, seine Großmutter wohnt in Berlin. Und die unbürokratische Hilfe der Eisbären war vielleicht auch nicht ganz uneigennützig: Gut möglich, dass Heatley bald wieder nach Hohenschönhausen kommt und wieder ein Auto von den Eisbären bekommt, dann allerdings als Dienstwagen.

Die Dienste Heatleys werden nämlich momentan von seinem Manager angeboten. Der nordamerikanischen Profiliga NHL droht wegen des Streits zwischen Spielergewerkschaft und Klubbesitzern der größte Spielerstreik ihrer Geschichte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in der NHL die ganze Saison ausfällt. Heatley, bei den Atlanta Thrashers unter Vertrag, hat signalisiert, dass er in diesem Fall in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) spielen will.

Das Interesse an der DEL kommt bei dem momentan talentiertesten jungen Kanadier nicht von ungefähr: Mutter Karin ist Deutsche, Dany Heatley ist in Freiburg geboren, wo Vater Murray von 1980 bis 1984 als Eishockey-Profi beschäftigt war. Dany Heatleys Mutter stammt sogar aus Berlin, da wären doch die Eisbären ein naheliegender Arbeitgeber, oder? „Es bieten sich zurzeit viele Spieler wegen des in der NHL drohenden Streiks bei uns an“, sagt Trainer Pierre Pagé. Manager Peter John Lee gibt immerhin zu, dass der Name des Deutsch-Kanadiers „eine Rolle in den Planungen spielt“. Billig wird das nicht. Die Kölner Haie haben schon versucht, Dollar-Millionär Heatley zu verpflichten, doch waren ihnen 300 000 Euro netto als Saisongehalt zu happig. Allerdings, sagt Pagé, glaube er, dass Heatley für weniger Geld nach Berlin kommen würde: „Seine Mutter will bei ihrer Mutter sein.“ Familienzusammenführung also und für die Eisbären möglicherweise sogar eine Finanzspritze: Denn das Trikots mit dem Namenszug des technisch versierten Kanadiers in großer Stückzahl an den Fan gebracht werden dürften, erscheint sicher. Vor zwei Jahren war der Stürmer in der NHL mit 41 Treffern Sechster der Torjägerliste. Im Allstar-Game 2003 wurde er mit vier Toren als jüngster Spieler aller Zeiten zum besten Spieler gewählt.

Nach dieser guten Saison gab es allerdings eine Tragödie im Leben des Dany Heatley. Am Montag, den 29. September 2003, war er mit seinem Teamkollegen Dan Snyder in seinem Ferrari unterwegs, das Auto fuhr gegen einen Pfeiler. Snyder verstarb sechs Tage später, Heatley brach sich den Kiefer. Die Staatsanwaltschaft hat Heatley wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, obwohl kein Alkohol beim Unfall im Spiel war und die Familie des Verstorbenen Heatley keinen Vorwurf machte. Dan Snyders Vater Graham ersuchte den Staatsanwalt, die Klage fallen zu lassen: „Weil wir wissen, dass Dany nicht rücksichtslos gehandelt hat.“

Nach dem Unfall hatte Heatley pausiert. Erst Ende Januar spielte er wieder und erst bei der WM im Frühjahr hat er ein großes Comeback auf dem Eis gefeiert. „Es war ein hartes Jahr“, sagte Heatley im Mai nach dem Titelgewinn. „Aber versöhnlicher hätte die Saison für mich nicht enden können.“ Für die Eisbären könnte die kommende Saison, sollte Heatley in den USA nicht gerichtlich belangt werden, aufregend beginnen: Spätestens dann, wenn Dany Heatley einen Vertrag in Berlin unterschreibt.

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