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Den Dreh raus. Oksana Tschussowitina sicherte sich gute Noten – auch im für sie oft schwierigen ersten Sprung. Foto: Reuters

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Sport: Zwei Frauen turnen vor

Tschussowitina holt Silber beim Pferdsprung, Kim Bui gewinnt Bronze am Stufenbarren

Berlin - Ein paar Sekunden lang hätte man denken können, der Stufenbarren, die Bodenmatte und der Sprungtisch stünden in einer mondänen Hotelbar, in der gerade gepflegter Salonjazz aus dem Boxen rieselt. Das einzige Geräusch, das die 6000 Zuschauer in der Schmeling- Halle hörten, war sanfte Klaviermusik. Aber das passte zur Szenerie. Auf der Anlaufbahn zum Pferdsprung stand Oksana Tschussowitina im Trikot der deutschen Nationalriege und machte sich bereit zu ihrem zweiten Sprung. Sie landete mit einem kleinen Ausfallschritt, die Kampfrichter gaben gute Noten für ihren Tsukahara mit eineinhalb Schrauben, und die Zuschauer applaudierten begeistert. Es könnte etwas werden mit einer Medaille im Pferdsprung bei der Turn-EM in Berlin, das erkannten sie jetzt.

Am Ende gewann die 36-jährige gebürtige Usbekin Silber. Es blieb gestern nicht der einzige Triumph der deutschen Frauen. Eine Stunde nach Tschussowitinas Erfolg fiel Kim Bui der deutschen Chef-Bundestrainerin Ulla Koch um den Hals. Die 22-Jährige aus Tübingen hatte überraschend Bronze am Stufenbarren gewonnen. „Ich bin superglücklich“, sagte Kim Bui, und Koch erklärte strahlend: „Eine Medaille hatte ich ihr vor dem Finale nicht zugetraut.“ Elisabeth Seitz, die sensationell Silber im Mehrkampf gewonnen hatte, wurde sowohl beim Pferdsprung als auch am Stufenbarren Fünfte. Doch die Deutschen profitierten vom Ausfall der Russin Aliya Mustafina. Die Mehrkampf-Weltmeisterin hatte am Freitag einen Kreuzbandriss erlitten.

Tschussowitina, Olympiazweite im Pferdsprung von 2008, war nach ihrem ersten Sprung ihrer Trainerin begeistert um den Hals gefallen. Sie hatte ihren Überschlagsalto gestreckt mit eineinhalb Schrauben zwar nicht optimal gezeigt, es hatte trotzdem für gute Noten gereicht. Denn wenn sie mal Schwächen hatte, dann im ersten Sprung. „In den vergangenen Top-Wettkämpfen hatte ich entweder in der Qualifikation oder im Finale Probleme beim ersten Durchgang. Aber diesmal hat alles gut geklappt“, sagte sie. Die 36-Jährige ging gestern allerdings nicht volles Risiko. Bei den Olympischen Spielen oder bei der WM möchte sie den Tsukahara mit doppelter Schraube zeigen.

Trotz der Silbermedaille wirkte Tschussowitina einigermaßen gefasst. Vielleicht hat sie schon zu viel erreicht, oder sie war mit ihren Leistungen trotz alledem nicht ganz zufrieden. Dabei hatte sie monatelang wegen einer Verletzung aussetzen müssen. Doch Zweifel daran, dass sie wieder zu ihrer alten Leistungsstärke finden würde, „die hatte ich nie“.

Für Kim Bui war Bronze eine Genugtuung. Sie war wegen eines Kreuzbandrisses monatelang außer Gefecht, jetzt hat sie sich wieder nach vorne gekämpft. Sie profitierte davon, dass die meisten Gegnerinnen Probleme hatten. „Als ich den Verlauf des Wettkampfs gesehen habe, habe ich gedacht, es könnte für eine Medaille reichen“, sagte Ulla Koch. Es reichte.

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