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Sport: Zwei Raser mit Herz

Show oder nicht? Die britischen Teamkollegen Button und Hamilton wollen sich toll verstehen

So dürfte sich ein britischer Formel-1-Fan das Paradies vorstellen: Zwei britische Weltmeister reisen als Teamkollegen bei einem britischen Rennstall und auf den beiden ersten Rängen der Fahrer-WM zum britischen Grand Prix. In jedem Fall ist es ein gefundenes Fressen für den britischen Boulevard. Da versucht man dann mit aller Gewalt, einen Stallkrieg herbeizureden oder herbeizufragen zwischen den beiden McLaren-Piloten Lewis Hamilton und Jenson Button. Red-Bull-Rivale Mark Webber lieferte dafür die Vorlage mit der Feststellung, dass die große Harmonie zwischen den beiden doch nur gespielt sei und dass der Teamkollege, gerade wenn man vorne fahre und um die Weltmeisterschaft kämpfe, automatisch der härteste Rivale sei. Nur die beiden Protagonisten spielen nicht mit.

Zwar wurde am Wochenende vor dem Rennen in Silverstone bei einer Veranstaltung von McLaren mit Paintball-Munition aufeinander geschossen – allerdings eher zwischen Journalistenteams auf der einen und Fahrern und Ingenieuren auf der anderen Seite. Aber ansonsten herrscht zumindest nach außen hin perfekter Friede. Ein großer teaminterner Kampf wie in früheren McLaren-Zeiten zwischen Hamilton und Fernando Alonso oder zwischen Ayrton Senna und Alain Prost scheint undenkbar.

Dabei ist die Situation durchaus pikant. Als der aktuelle Weltmeister Button im letzten Herbst vom Brawn-Rennstall zu McLaren wechselte, glaubten die meisten Experten, er würde dort gegen Hamilton, den Weltmeister von 2008 und erklärten Teamliebling, keine Chance haben. Doch Button belehrte die Zweifler eines Besseren und gewann gleich einmal zwei Rennen. Seitdem liegen die beiden praktisch gleichauf, obwohl sie doch so unterschiedlich sind. Button fährt eher ruhig und kontrolliert, Hamilton geht ziemlich aggressiv zu Werke.

Dennoch: Bisher ist der große Knall ausgeblieben. Auf der Strecke kam man sich nur in Istanbul gefährlich nahe, ehe die Teamführung mit dem energischen Befehl „Sprit sparen“ ein verklausuliertes Überholverbot aussprach. Die Zuneigung zum Kollegen geht sogar so weit, dass Hamilton erzählt, er würde sich durchaus freuen, wenn Button in Silverstone gewänne. Englische Zeitungen malten daraufhin schon ein ironisches Herzchen um ein Foto der beiden, „ich habe mich kaputtgelacht, als ich das gesehen habe“, sagte Button. Aber sollte es auch im WM-Endkampf immer noch so eng zugehen, muss McLaren-Chef Martin Whitmarsh zeigen, dass er mit zwei Topfahrern besser umgehen kann als sein Vorgänger Ron Dennis.

Im Vorfeld von Silverstone hätten die beiden aber auch kaum Zeit zum Streiten gehabt. Es galt, private Dinge zu sortieren: Hamilton nahm erstmals wieder Kontakt zu Vater Anthony auf, seit er ihn als Manager absetzte. Papa darf nun nach Silverstone kommen. „Langsam kommen wir uns wieder näher und ich freue mich darauf“, sagte der Sohn.

Button musste dagegen für seine Mutter erst einmal eine Unterkunft an der Strecke und einen Einkaufsbummel organisieren. Simone Buttons Hotel war am Dienstag abgebrannt, immerhin konnte sie ein ihr besonders wichtiges Armband retten. Vielleicht bringt es ja auch ihrem Sohn Glück. Brauchen könnte er es, denn in Sachen Heimrennen hat er noch Nachholbedarf: Noch nie schaffte er es in Silverstone auf das Podest, auf dem Hamilton 2008 ganz oben stand. Aber vielleicht lässt er seinem geliebten Teamkollegen ja freiwillig den Vortritt.

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