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Sport: „Zwei Verbände sind einer zu viel“

Marco Blatter, Chef des Schweizer Sports, über die Chancen von Fusionen und seinen Rat an die Deutschen

Herr Blatter, die Schweiz hat bei Olympia nur fünf Medaillen gewonnen. Aber sie gilt sportlich als Vorbild für Deutschland.

Wie bitte? Warum denn?

Weil es in der Schweiz einen Dachverband gibt – und in Deutschland zwei.

Zwei sind einer zu viel. Wir Schweizer haben vor sieben Jahren alle Verbände unter einem Dach zusammengefasst.

Wie haben Sie das geschafft?

Es ging nicht anders. Wir hatten zwei Dachorganisationen, so wie das jetzt in Deutschland der Fall ist. In beiden Verbänden gab es viele gekrönte Häupter – das Dumme war, dass sie wichtige Funktionen in beiden Organisationen hatten. Alle waren für alles zuständig. Das führte dazu, dass man nie genau wusste, wer nun für was wirklich zuständig war.

Es gab also viele Überschneidungen?

Vor allem gab es viel Streit. Immer, wenn einer eine leuchtende Kerze in der Hand hatte, kam ein anderer, um sie auszupusten. Das war so ineffizient, dass ich und andere nach den Olympischen Spielen 1992 des Chaos überdrüssig wurden. Wir haben uns gesagt, dass es nur gemeinsam geht. Unser Glück war, dass 85 Prozent der Funktionäre vor dem Ende ihrer Amtszeit standen. Die haben mitgemacht, weil sie nichts mehr zu verlieren hatten.

Kann ein Sportland mit nur einem Dachverband wirklich erfolgreicher sein?

Ich denke, ja. In der Schweiz sah die Förderung der Athleten früher so aus: Wir hatten einen Spitzensportverband und einen olympischen Verband. Beide wollten sich um die Sportler kümmern, aber die meiste Zeit haben sie mit internen Abstimmungen verbracht. Ständig fanden Gremiensitzungen statt, und wenn eine Gruppe endlich etwas beschlossen hatte, dann ging in der nächsten die Diskussion um das gleiche Thema von vorne los. Das hat viel Kraft gekostet.

Haben Sie einen Rat für die deutschen Sportfunktionäre?

Wir haben nur einen Olympiastützpunkt. In Deutschland gibt es viele, die den Bundesländern unterstehen. Darum ist mein Rat: Eine Fusion der Verbände reicht nicht. Man muss das System schlanker machen. Dazu gehört: Derjenige, der sich bei der Wahl zum Verbandschef durchsetzt, muss danach alle Macht haben.

Haben Sie das Klaus Steinbach gesagt, dem Präsidenten des deutschen NOK?

Ich habe Klaus Steinbach in Athen getroffen. Da habe ich ihm verraten, dass ein deutscher Sportverband von mir Unterlagen über den Ablauf einer Fusion angefordert hatte. Ich habe zu Herrn Steinbach gesagt: Da kommt was auf Sie zu.

Wie hat er reagiert?

Er war sehr überrascht.

Das Gespräch führte Robert Ide .

Marco Blatter (59)

ist Direktor der

Swiss Olympic

Association. Seit

dem 1. Januar 1997

ist dies die

Dachorganisation des

Schweizer Sports.

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