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Zweite Liga: 1. FC Union: Ein Klub sucht sich selbst

Union lässt sich bei der Teamgestaltung Zeit. Am deutlichsten zeigt sich die Findungsphase, wenn es um das Kapitänsamt geht. Drei bis vier Anwärter gibt es für den vakanten Posten.

Von Katrin Schulze

Berlin - Auf den ersten Blick sieht es nach einer Strafmaßnahme aus, was sich Uwe Neuhaus da für seine Profis ausgedacht hat. Ein Kraftzirkel, wie er jedem noch aus den düstersten Tagen des Schulsportunterrichts in Erinnerung sein dürfte, lässt die Spieler des 1. FC Union am Donnerstagmorgen mächtig schwitzen: Liegestütze, Hantelübungen, Rücken- und Bauchmuskeltraining. Und obendrauf gibt es noch ein Waldläufchen. Genauer betrachtet aber ist die morgendliche Übungseinheit eher Teil eines kleinen Regenerationsprogramms, immerhin haben sie sich beim Fußball-Zweitligisten zuletzt sehr geschunden. Neuhaus sagt: „Momentan herrscht eher Müdigkeit, wir sind nicht die Frischesten.“

Mit hartem Training allein aber lässt sich das, was der Trainer am Mittwoch zu Gesicht bekam, nicht erklären. Zwar gewannen seine Unioner das Testspiel beim Köpenicker SC 4:1, dennoch boten sie vor allem in der ersten Halbzeit eine Leistung, die für ihren Chef nichts anderes als „inakzeptabel und enttäuschend“ war. In der Halbzeit, als Union – wohlgemerkt gegen einen Sechstligisten – 0:1 zurücklag, tauschte Uwe Neuhaus seine komplette Mannschaft aus.

Es mag sich dabei um Normalität im Testspielalltag gehandelt haben, trotzdem passt das Bild ganz hübsch zum derzeitigen Zustand des Berliner Zweitligisten. Union 2010/2011 muss sich noch finden. Wo es genau hingehen soll, scheint gut drei Wochen vor Beginn des zweiten Zweitligajahres noch unklar: Auf ein Saisonziel möchte sich der Trainer derzeit jedenfalls ebenso wenig festlegen wie auf mögliche Stammspieler. Nur so viel gibt Neuhaus preis: „Wenn man sich auf dem Erreichten der letzten Saison ausruht, wird es schwer.“ Und: „Momentan ist auf jeder Position alles offen.“

Am deutlichsten zeigt sich Unions Findungsphase, wenn es um das Kapitänsamt geht. Drei bis vier Anwärter gibt es für den vakanten Posten: Torsten Mattuschka und Dominic Peitz haben wohl die aussichtsreichsten Chancen. Doch während vor allem der Berliner Boulevard fleißig darüber spekuliert, will sich der Köpenicker Trainer am liebsten gar nicht mehr dazu äußern. Er bittet sich Zeit aus; die Besetzung des Amtes will ja auch wohl überlegt sein. Denn was sich in der deutschen Fußballnationalmannschaft zur Macht- und Generationsfrage ausgeweitet hat, wohnt in Berlin-Köpenick dem vergleichsweise profanen Wunsch nach Konstanz inne – zu oft wechselte die Binde in den zurückliegenden beiden Jahren den Mann, zu oft verloren die Kapitäne erst die Akzeptanz und dann den Platz in der Startaufstellung. Und weil Neuhaus keine Lust hat, „alle drei Wochen den Kapitän zu wechseln“, soll jemand gefunden werden, der nicht nur Antreiber ist, sondern auch Führungsspieler.

Die nächste Möglichkeit, sich in den Vordergrund zu spielen, haben die Profis am Sonntag, wenn Deportivo La Coruña in der Alten Försterei zu Gast ist. „Vor eigenem Publikum werden wir dann sicher nicht so auftreten wie beim Test am Mittwoch“, sagt Unions Coach. „Aber jetzt geht es erst mal darum, den Kopf frei zu bekommen.“ Den Donnerstagnachmittag gab Uwe Neuhaus seinen Spielern frei.

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