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Die Fußballer des 1. FC Union wollen in die Bundesliga.

© dpa

Zweite Liga: Der 1. FC Union hat seine Nische gefunden

Vor zehn Jahren war der 1. FC Union fast pleite, inzwischen ist aus dem Berliner Zweitligisten ein florierendes Fußball-Unternehmen geworden.

Das letzte Tor hätte die Anzeigetafel im Neuruppiner Stadion am liebsten verschwiegen. Längst war das Freundschaftsspiel zwischen dem MSV Neuruppin und dem 1. FC Union beendet, die Spieler trabten Richtung Kabine, da wurde aus der Neun doch noch eine Zehn. In roter Leuchtschrift verkündete die Tafel das Endergebnis: MSV gegen 1. FC Union 1:10.

Innenverteidiger Denis Prychynenko spielt derzeit zur Probe vor

Für den Berliner Zweitligisten war es nicht mehr als ein standesgemäßes Resultat gegen einen Sechstligisten und ein gelungener Abschluss des viertägigen Trainingslagers. Trainer Norbert Düwel freute sich über „die hervorragenden Bedingungen“ und ärgerte sich, dass er Proband Denis Prychynenko nicht einsetzen konnte. Die Testspielgenehmigung für den Innenverteidiger von ZSKA Sofia war nicht rechtzeitig eingetroffen. Ansonsten sei er aber sehr zufrieden mit der Art, wie die Mannschaft sich trotz der anstrengenden Einheiten präsentiert hätte.

Vor zehn Jahren erlebte Union in Neuruppin eine bittere Niederlage

Kaum zu glauben, dass die Berliner an derselben Stelle gegen denselben Gegner einmal eine Niederlage erlitten hatten, deren Auswirkungen die Existenz des Vereins bedrohten. Knapp zehn Jahre ist es her, da gewann der MSV gegen den Union 3:2 in einem Punktspiel der viertklassigen Oberliga-Nordost. Union, hochverschuldet, stand davor, den aus wirtschaftlicher Sicht dringend benötigten Wiederaufstieg in die Regionalliga zu verpassen. Nicht viel, und die Köpenicker wären in der sportlichen Bedeutungslosigkeit verschwunden, so wie andere Klubs aus der ehemaligen DDR auch. „Aus heutiger Sicht muss man wohl sagen, dass die Gefahr recht groß war“, sagt Präsident Dirk Zingler. Für ihn bedeutete der Ausflug nach Neuruppin auch eine Reise in die Vergangenheit. Langsamen Schrittes war er am Donnerstag über die Sportanlage gelaufen, seine Augen hinter einer Sonnenbrille verdeckt. Auf einem Nebenplatz trainierte die Mannschaft, Zingler schaute zu. Was ihm wohl durch den Kopf ging?

Über 300 Sponsoren unterstützen derzeit den Berliner Zweitligisten

Er hatte das Präsidentenamt 2004 übernommen, zu einem Zeitpunkt, als Union kurz vor der Pleite stand. Die Verbindlichkeiten beliefen sich auf zirka 15 Millionen Euro, nur noch 30 Sponsoren hielten dem Verein die Treue. Heute ist aus dem 1. FC Union ein florierendes Fußball-Unternehmen mit über 300 Sponsoren geworden. Eine Zahl, die laut Zingler vor zehn Jahren noch „ein Traum“ und völlig illusorisch war. Die Schulden sind bis auf 5,6 Millionen Euro abgebaut.

Union verpflichtet fast nur ablösefreie Spieler

Der Aufstieg der Berliner gleicht einem kleinen Wirtschaftswunder. Seit acht Jahren schreibt der Klub schwarze Zahlen, im Geschäftsjahr 2013/14 wurde ein Überschuss von 610 000 Euro erwirtschaftet. Die Strategie ist einfach. Es wird nur ausgegeben, was auch da ist. Im Beschaffen von frischem Geld zeigte sich Union kreativ. Die Stadionbetriebsgesellschaft wurde in eine AG umgewandelt. So konnten die Mitglieder Aktien erwerben, was über zwei Millionen Euro einbrachte. Ansonsten generiert der Zweitligist finanziellen Gewinn aus Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen, Fernsehgeldern und Spielerverkäufen. Seit Jahren verfolgt der Klub die gleiche Philosophie. Spieler werden nur ablösefrei verpflichtet, dafür fallen die Gehälter dann üppiger aus. So gelingt es Union, qualitativ gutes Personal zu holen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

In den vergangenen Jahren ist Unions Umsatz um 285 Prozent gestiegen

Stärker als in die Mannschaft investierte man in den vergangenen Jahren in die Infrastruktur. Das Stadion An der Alten Försterei wurde ausgebaut und mit einer neuen Haupttribüne versehen, 21 745 Fans finden dort nun Platz. Der Zuschauerschnitt von knapp über 19 000 Besuchern entspricht einer Auslastung von 88 Prozent – nur der 1. FC Heidenheim kann in der Zweiten Liga einen besseren Wert vorweisen. Der Umsatz ist in den vergangenen zehn Jahren um 285 Prozent gestiegen. Nie hatte der Verein mehr Mitglieder. Auf den Tribünen vermischen sich inzwischen alt-eingesessene Fans mit zugezogenen Berlinern.

Union boomt, Union ist hip. Gepflegt wird das Image des Nischenvereins, der anders ist. Indie-Musik in der Halbzeitpause, Stehplätze, kein künstliches Drumherum. Fußball pur, damit wirbt Union erfolgreich um Zuschauer. Der Klub ist längst zur Marke geworden, beliebt auch über die Stadtgrenze hinaus. Jetzt soll der Aufstieg in die Bundesliga gelingen. Es wäre der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung.

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